Gewaltwelle in Damaskus und Homs IS tötet 140 Menschen durch Selbstmordanschläge in Syrien

Beirut · Eine schwere Serie von Bombenanschlägen und Selbstmordattentaten hat die neuen Pläne für eine mögliche Waffenruhe in Syrien überschattet. Die Anschläge in den syrischen Großstädten Damaskus und Homs haben mindestens 140 Menschen in den Tod gerissen.

 Das Wrack eines Autos nach dem Anschlag in Homs.

Das Wrack eines Autos nach dem Anschlag in Homs.

Foto: dpa, nm jak fpt

Insgesamt erschütterten sechs Explosionen ein Viertel der Alawiten-Minderheit in Homs und einen Schiitenbezirk im Süden der Hauptstadt Damaskus, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Allein in Damaskus wurden etwa 180 Menschen verletzt. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannte sich in zunächst nicht überprüfbaren Online-Botschaften zu den Taten.

Am südlichen Stadtrand der Hauptstadt Damaskus rissen nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana am Nachmittag vier Bomben mindestens 83 Menschen in den Tod. Im Schiitenbezirk Sajeda Sainab war Menschenrechtsbeobachtern zufolge eine Autobombe explodiert, zudem hätten sich zwei Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Der Ursprung der vierten Detonation blieb zunächst unklar.

Unter den 59 Todesopfern durch zwei Autobomben im Stadtteil Sahraa in Homs, in dem vor allem Anhänger der religiösen Minderheit der Alawiten wohnen, waren am Sonntagmorgen mindestens 39 Zivilisten, wie die Menschenrechtsbeobachter mitteilten. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana sprach zunächst insgesamt von mindestens 32 Toten und 39 Verletzten in der zentralsyrischen Stadt.

Den Menschenrechtsbeobachtern zufolge explodierte die erste Bombe in einem Wagen, der auf einem Autotransporter geparkt war. Ein zweites Fahrzeug explodierte kurze Zeit später in der Nähe. Videoaufnahmen der Nachrichtenagentur Sana zeigten ausgebrannte Autowracks auf einer breiten Straße. Die Fassaden der Häuser auf beiden Seiten stürzten teilweise ein. Auf Bildern waren Einsatzkräfte zu sehen, die das in den Gebäuden ausgebrochene Feuer zu löschen versuchten.

Erst Ende Januar war es in beiden betroffenen Gebieten zu ähnlichen Anschlägen mit Dutzenden Toten gekommen. Auch hier bekannte sich die Terrormiliz IS zu den Taten. Die sunnitischen Dschihadisten sehen Angehörige anderer muslimischer Glaubensrichtungen als Abtrünnige. Sowohl das Alawiten-Viertel in Homs als auch der Schiitenbezirk in Damaskus werden von Regimetruppen kontrolliert.

Die Terrormiliz IS selbst verlor am Wochenende im Norden Syriens derweil mindestens 50 Kämpfer bei Gefechten mit dem Regime östlich der umkämpften Stadt Aleppo, wo die Regimetruppen vorrückten.

Einigung über Feuerpause

US-Außenminister John Kerry hatte zuvor nach eigenen Angaben mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow eine "vorläufige Einigung" über die Bedingungen einer Feuerpause in Syrien erreicht. Sie könnte demnach in den nächsten Tagen beginnen.

US-Außenminister Kerry sagte, er gehe davon aus, dass US-Präsident Barack Obama mit Kremlchef Wladimir Putin in den kommenden Tagen über die Einsetzung der Feuerpause sprechen werden. Der Diplomat betonte dabei, dass noch nichts abgemacht sei.

Russland bestätigte die Gespräche: Nach einem ersten Telefonat am Samstagabend hätten Lawrow und Kerry ihre Gespräche über die geplante Waffenruhe in Syrien fortgesetzt, teilte das Außenministerium in Moskau am Sonntag mit. Die syrische Regierung und die Opposition nannten am Samstag aber zahlreiche Bedingungen für eine Feuerpause.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, jetzt komme es darauf an, dass auch die Regionalmächte von ihrem Einfluss auf die kriegführenden Parteien in Syrien Gebrauch machten, um das "jetzt offene Fenster der Gelegenheit" zu nutzen.

Die USA, Russland und wichtige Regionalmächte hatten sich vor einer Woche in München auf eine Waffenruhe geeinigt, die ursprünglich am Freitag hätte in Kraft treten sollen. Stattdessen nahm die Gewalt aber sogar noch zu. Russland fliegt in Syrien Luftangriffe aufseiten der syrischen Armee, die USA führen eine Koalition im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an.

Syriens Präsident Baschar al-Assad erklärte sich am Samstag unter Bedingungen zu einer Waffenruhe bereit. Der Machthaber sagte der spanischen Zeitung "El País", Terroristen dürften eine Feuerpause nicht dazu ausnutzen, ihre Positionen zu verbessern. Zudem müssten andere Länder - vor allem die Türkei - daran gehindert werden, den Terroristen mehr Kämpfer, Waffen oder andere logistische Unterstützung zukommen zu lassen, hieß es in dem Interview.

Die syrische Opposition hatte am Samstag mitgeteilt, man werde einer Feuerpause nur dann zustimmen, wenn es internationale Garantien dafür gebe, dass sich das Regime, Russland und der Iran an diese hielten. Die letzten Erfolge der syrischen Regierungstruppen nördlich von Aleppo wurden von heftigen russischen Luftschlägen begleitet, bei denen Berichten zufolge auch viele Zivilisten starben.

(felt/dpa/ap)
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