Regierungskrise in Brasilien Richter blockiert Lulas Berufung zum Kabinettschef

São Paulo/Rio de Janeiro · Ein Oberster Richter hat in Brasilien die Ernennung des früheren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva zum Kabinettschef blockiert.

 Lula da Silva.

Lula da Silva.

Foto: PRESIDENCIA, AFP

Bundesrichter Gilmar Mendes veröffentlichte am Freitagabend (Ortszeit) sein Urteil, wonach Lulas Berufung durch Präsidentin Dilma Rousseff ein eindeutiger Versuch sei, seine zunehmenden rechtlichen Schwierigkeiten zu umgehen.

Mendes urteilte außerdem, dass die Untersuchungen im umfassenden Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras in den Händen des Ermittlers Sergio Moro bleiben werden. Die regierende Arbeiterpartei und Lula beschuldigen Moro, aus politischer Motivation eine Hexenjagd zu betreiben.

Die Entscheidung von Mendes dürfte die ohnehin schon sehr spannungsgeladene Situation im bevölkerungsreichsten Land Südamerikas weiter anheizen. Drei Millionen Menschen hatten am vergangenen Wochenende gegen die Regierung protestiert. Zehntausende kamen am Freitag aber auch zusammen, um Lula in São Paulo und anderen Städten ihre Unterstützung zu zeigen.

Vor zwei Wochen war Lula im Rahmen der Ermittlungen im Petrobras-Fall stundenlang von der Polizei befragt worden. Durch einen Ministerposten könnte er nur durch ein vom höchsten Gericht Brasiliens eingeleitetes Strafverfahren belangt werden. Kritiker sagen, Rousseff will ihren Mentor so vor Strafverfolgung schützen.

Durch Mendes' Entscheidung befindet sich nicht nur Lula, sondern das ganze Land in einem Schwebezustand. Die Regierung wird voraussichtlich gegen das Urteil in Berufung gehen. Das läuft letztlich darauf hinaus, dass die Angelegenheit vom gesamten Gericht entschieden werden muss.

Unterstützer von Lula, dem brasilianischen Präsidenten der Jahre 2003 bis 2010, kamen am Freitag in mehreren Städten zu Kundgebungen zusammen. In São Paulo riefen viele "Lula, der Minister der Hoffnung". Laut dem Forschungsinstitut Datafolha versammelten sich schätzungsweise 95.000 Menschen, die Polizei sprach von rund 80.000 Teilnehmern.

Als der Ex-Präsident selbst das Wort ergriff, brach Jubel aus. "Lula, Lula!", rief die Menge. "Wenn es keine Behinderung gibt, werde ich nächste Woche beginnen, stolz Präsidentin Dilma und dem brasilianischen Volk zu dienen", sagte er. Er wolle Rousseff dabei helfen, Frieden und Hoffnung wiederherzustellen. "Es gibt keinen Platz für Hass in diesem Land." Es werde keinen Putsch geben, sagte der 70-Jährige.

Bei den Petrobras-Korruptionsermittlungen geht es der Justiz zufolge um mehr als zwei Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro), die Baufirmen für Aufträge des staatlichen Ölgiganten gezahlt haben sollen. Ein Teil des Geldes soll dabei an politische Parteien gegangen sein, darunter auch die Regierungspartei um Lula und Rousseff. Beide streiten ein Fehlverhalten ab. Gegen Rousseff wird nicht ermittelt. Sie soll nach Angaben eines früheren Geschäftsführers ihrer Partei aber von den Vorgängen um Petrobras gewusst haben.

Gegen die seit dem Jahr 2011 amtierende Staatschefin läuft aber ein Amtsenthebungsverfahren. Hintergrund sind Vorwürfe finanziellen Missmanagements in einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen seit Jahrzehnten. Rousseff hat aber bereits erklärt, sie werde nicht zurücktreten. Ihre zweite Amtszeit läuft noch regulär bis Ende 2018.

Die politische Krise trifft Brasilien inmitten wirtschaftlicher Probleme wie einer hohen Inflation sowie der Vorbereitungen auf die Austragung der Olympischen Spiele im August. Zudem kämpft das Land gegen den Ausbruch des Zika-Virus. Rousseffs Zustimmungswerte liegen nur noch im einstelligen Bereich.

(felt/ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort