Verdacht des Amtsmissbrauchs Berlusconi soll TV-Aufsicht beeinflusst haben

Bari (RPO). Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat weiteren Ärger mit der Justiz, weil er die Absetzung einer regierungskritischen Talkshow betrieben haben soll. Demnach liegen Aufzeichnungen eines abgehörten Telefonats des Regierungschefs mit einem Mitglied der Aufsichtsbehörde Agcom vor, in dem Berlusconi die Streichung mehrerer Programme des öffentlich-rechtlichen Senders RAI verlangt habe.

Dezember 2009: Berlusconi aus dem Krankenhaus entlassen
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Wie italienische Medien am Dienstag berichteten, ermittelt die Staatsanwaltschaft im süditalienischen Trani gegen Berlusconi, den Leiter der Kommunikationsbehörde AGCOM, Giancarlo Innocenzi, sowie den Nachrichten-Chefredakteur des öffentlich-rechtlichen TV-Sender RAI Uno, Augusto Minzolini. Die Staatsanwälte waren eigentlich Kreditkarten-Betrügern auf der Spur, als sie bei abgehörten Telefonaten auf verdächtige Gespräche zwischen Berlusconi, Innocenzi und Minzolini stießen.

Berlusconi wird den Angaben zufolge beschuldigt, Druck auf die Kommunikationsbehörde und RAI ausgeübt zu haben, um die Talkshow "AnnoZero" aus dem Programm zu streichen. Innocenzi werde Komplizenschaft, Minzolini Geheimnisverrat zur Last gelegt. In der Sendung wurden in der Vergangenheit unter anderem fiktive Gespräche zwischen Mafiosi und Berlusconi-Vertrauten dargestellt.

Berlusconis Anwalt Nicolo Ghedini wies die Vorwürfe gegen den Ministerpräsident zurück. Diese seien "nicht nur ohne Grundlage, sondern widersprechen dem gesunden Menschenverstand", sagte Ghedini. Die Anschuldigungen würden gezielt vor den Regionalwahlen am 28. und 29. März erhoben. Berlusconi selbst wies die Vorwürfe in einem Interview mit dem Radiosender GR1 ebenfalls zurück und beschwerte sich, ohne sein Wissen abgehört worden zu sein.

Derzeit laufen vor Gericht ein Korruptions- und ein Steuerprozess gegen Berlusconi. Beide Verfahren waren zwischenzeitlich ausgesetzt worden, nachdem die Regierung im Jahr 2008 ein Immunitätsgesetz verabschiedet hatte, das Berlusconi und andere hochrangige Vertreter des Staates vor Strafverfolgung schützte. Das Verfassungsgericht stufte diese Regelung im Herbst jedoch als verfassungswidrig ein. Allerdings billigte das Parlament in Rom in der vergangenen Woche ein Gesetz, das Berlusconi einen Zeitaufschub bei den Verfahren ermöglicht.

(AFP/RTR/das)
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