Slowenien Länder an der Balkanroute lassen keine Flüchtlinge mehr durch

Ljubljana · Slowenien ließ ab 24 Uhr am Mittwoch keine Flüchtlinge mehr durch. Als Reaktion darauf wollen Serbien, Kroatien und Mazedonien ebenso verfahren. Damit die Flüchtlingsroute von der Türkei Richtung Nordwesteuropa faktisch dicht.

Slowenien hat am Dienstag angekündigt, keine Flüchtlinge mehr durchzulassen. Künftig dürften Schutzsuchende nur nach Slowenien kommen, wenn sie dort Asyl beantragen wollten oder in Einzelfällen aus humanitären Gründen, erklärte das Innenministerium. Slowenien setzte die neuen Maßnahmen um Mitternacht in Kraft.

Die serbische Regierung in Belgrad teilte nach der Ankündigung Sloweniens mit, ihrerseits an den Grenzen zu Mazedonien und Bulgarien ebenso zu verfahren. Serbien könne nicht "akzeptieren, ein Aufnahmezentrum für Flüchtlinge" zu werden. Auch der kroatische Innenminister Vlaho Orepic sagte dem Fernsehsender RTL, sein Land werde nur noch Flüchtlinge mit gültigen Visa einlassen. Mazedonien schloss sich den Maßnahmen ebenfalls an.

Flüchtlinge in Idomeni: Lage in Griechenland dramatisch
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Dramatische Lage im Flüchtlingslager von Idomeni

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Foto: afp, dd/

Ende Februar hatten Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien bereits drastisch die Einreisemöglichkeiten beschränkt, indem sie Tagesobergrenzen von 580 Flüchtlingen einführten. Das an Griechenland grenzende Mazedonien ließ nur noch wenige hundert Flüchtlinge pro Tag passieren. Nach den neuen Ankündigungen ist die Balkanroute nun faktisch dicht.

Andere EU-Staaten wie Deutschland hatten zuvor nationale Alleingänge kritisiert und eine EU-weite Antwort auf die Flüchtlingskrise gefordert. In Griechenland bildete sich inzwischen ein Rückstau von 36.000 Flüchtlingen, die nicht mehr über die mazedonische Grenze gelassen werden.

Wegen der Flüchtlingskrise hat Ungarn den Ausnahmezustand vom Grenzgebiet auf das gesamte Land ausgedehnt. Innenminister Sandor Pinter sagte am Mittwoch, das sei notwendig, weil man unsicher sei, welche Route die auf dem Balkan gestrandeten Flüchtlinge nehmen würden. Nun könnten zusätzliche Polizei- und Militäreinheiten eingesetzt werden, um Flüchtlinge am Eindringen in das Land zu hindern.

Die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Griechenland sei von "zentraler" Bedeutung, sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bei einem Treffen mit seinem griechischen Kollegen Alexis Tsipras in Izmir. Die Ägäis dürfe nicht länger "ein Meer der Trauer und der Hoffnungslosigkeit sein", fügte Davutoglu unter Hinweis auf die zahlreichen Flüchtlinge hinzu, die beim Versuch der Überfahrt nach Griechenland ertranken. Auch Tsipras sagte, die gefährliche Überfahrt mit behelfsmäßigen Booten sei ein "Schande für unsere Kultur".

Davutoglu hatte zuvor mit seinem Angebot zur Rückübernahme von Flüchtlingen die Teilnehmer des EU-Gipfeltreffens in Brüssel überrascht. Während bisher der gemeinsame Kampf gegen Schlepper im Vordergrund stand, schlug Davutoglu nun vor, alle neu eintreffenden Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen. Für jeden zurückgebrachten Syrer solle die EU jedoch einen Syrer auf legalem Weg aufnehmen.

In der Gipfelerklärung wird der Vorschlag "herzlich begrüßt". Alle 28 EU-Staaten erklärten, dass sie die Eckpunkte mittragen. Dem Geschäft der Schlepper soll das Wasser abgegraben werden, da sich die gefährliche Reise über die Ägäis nicht mehr lohnen würde. Eine Schließung der Balkanroute, über die im vergangenen Jahr mehr als 850.000 Menschen kamen, steht nicht wie von einigen Ländern gewünscht in den Eckpunkten.

Die Türkei fordert als Gegenleistung, dass der Visa-Zwang für türkische Bürger "spätestens im Juni" entfällt. Darüber hinaus will Ankara, dass fünf neue Verhandlungskapitel in den EU-Beitrittsgesprächen "so schnell wie möglich" eröffnet werden. Zudem erwartet die Türkei mehr Geld für die Versorgung der 2,7 Millionen syrischen Flüchtlinge im eigenen Land. Zu den zugesagten drei Milliarden Euro bis 2017 sollen für 2018 nochmals drei Milliarden Euro hinzukommen.

EU-Rat und Kommission wollen am Mittwoch die Ergebnisse im Europaparlament präsentieren. Die Kritik an den Plänen hielt unterdessen an. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der "Passauer Neuen Presse", die Europäer würden gegenüber der Türkei nur noch als Bittsteller auftreten. "Die EU schweigt zu den brutalen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Das ist beschämend." Dabei brauche die Türkei die EU genauso wie umgekehrt.

(haka/AFP)
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