Auswärtiges Amt Armenier-Aufführung in Istanbul abgesagt

Istanbul/Berlin · Die Dresdner Sinfoniker wollten ihr Konzertprojekt "Aghet" zum "Völkermord an den Armeniern" in Istanbul aufführen. Das Auswärtige Amt sagt die Aufführung im deutschen Generalkonsulat nun ab - und erntet dafür heftige Kritik der Opposition.

Ein Transparent mit der Aufschrift "1915-100 Jahre Leugnung Völkermord" und "Danke Dresden" im April vor dem Schauspielhaus Hellerau in Dresden, wo die Dresdner Sinfoniker das Konzertprojekt "Aghet" aufführten. Es wurde bei seiner Aufführung in Dresden stürmisch gefeiert.

Ein Transparent mit der Aufschrift "1915-100 Jahre Leugnung Völkermord" und "Danke Dresden" im April vor dem Schauspielhaus Hellerau in Dresden, wo die Dresdner Sinfoniker das Konzertprojekt "Aghet" aufführten. Es wurde bei seiner Aufführung in Dresden stürmisch gefeiert.

Foto: dpa, pzi htf

Nach dem Zerwürfnis mit der Türkei wegen der Völkermordresolution des Bundestags hat das Auswärtige Amt eine Aufführung zu den Massakern an den Armeniern in der deutschen Vertretung in Istanbul abgesagt.

"Die Räumlichkeiten des Generalkonsulats in Istanbul stehen am 13. November nicht zur Verfügung", hieß es am Dienstag aus dem Ministerium in Berlin. An dem Termin wollten die Dresdner Sinfoniker ihr Stück "Aghet" über den "Völkermord an den Armeniern" im Osmanischen Reich aufführen.

Zu der Absage kam es, nachdem die Sinfoniker den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan, Ministerpräsident Binali Yildirim, Außenminister Mevlüt Cavusoglu und Kulturminister Nabi Avci zu der Aufführung im Generalkonsulat eingeladen hatten. Aus dem Ministerium in Berlin verlautete dazu: "Einladungen zu der Veranstaltung sind ohne Beteiligung des Auswärtigen Amtes erfolgt."

Ankara wehrt sich vehement gegen die Einstufung der Massaker als Völkermord. Im Juni hatte die Völkermordresolution des Bundestages zu einem schweren Zerwürfnis zwischen der Türkei und Deutschland geführt.

Mit der Aufführung hätte nun neuer Streit gedroht - zumal die Aufführung durch den Veranstaltungsort im Generalkonsulat einen offiziellen Anstrich bekommen hätte. Die Türkei läuft seit Monaten Sturm gegen das Konzertprojekt "Aghet", das von der EU und vom Auswärtigen Amt finanziell gefördert wird.

Scharfe Kritik an der Absage kam aus der Opposition im Bundestag. Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) einen "Kotau" vor Erdogan vor. Wagenknecht fragte im Kurznachrichtendienst Twitter: "Wird die Politik der Bundesregierung in Ankara gemacht?"

Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Absage sei "die Bankrottregierung der Türkei-Politik einer Regierung, die aus Angst vor Flüchtlingen nur noch vor Erdogan kuscht". Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen nannte die Absage einen "Schlag ins Gesicht der Opfer des Völkermords an den Armeniern und ihren Nachfahren".

"Aghet" sollte in Istanbul in einer im Vergleich zu anderen Aufführungsorten entschärften Fassung aufgeführt werden. Bei der Gala sollte zudem eine armenisch-türkisch-deutsche Freundschaftsgesellschaft gegründet werden. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, die Aufführung sei ohne neuen Termin verschoben.

Die Regierung in Ankara kündigte Medienberichten zufolge wegen "Aghet" kürzlich einseitig das EU-Kulturprogramm auf. Im April hatte die Türkei gefordert, dass die EU die finanzielle Förderung für das Projekt einstellt. In der ersten Novemberhälfte wollen die Dresdner Sinfoniker "Aghet" in Belgrad und in der armenischen Hauptstadt Eriwan aufführen.

Nach der Völkermordresolution des Bundestages im Juni verweigerte Ankara zunächst deutschen Parlamentariern die Erlaubnis, Bundeswehr-Soldaten auf der Luftwaffenbasis Incirlik zu besuchen.
Erst als die Bundesregierung die Resolution als rechtlich nicht verbindlich erklärte, entspannte sich die Lage.

Bundestagsabgeordnete aus dem Verteidigungsausschuss konnten daraufhin Anfang des Monats wieder nach Incirlik reisen. Seit rund zwei Wochen wartet allerdings der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken, auf eine Besuchsgenehmigung von der türkischen Regierung.

(dpa)
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