Anschlag auf Moschee in Kanada Polizei geht von einem Einzeltäter aus

Quebec · Bei Schüssen in einer Moschee im kanadischen Quebec sind sechs Menschen getötet und 19 weitere verletzt worden – fünf schweben in Lebensgefahr. Die Behörden gehen inzwischen von einem Terrorakt aus. Die Polizei hat zwei Männer festgenommen. Nur einer gilt als Verdächtiger.

Bei Schüssen in einer Moschee im kanadischen Quebec sind sechs Menschen getötet und 19 weitere verletzt worden — fünf schweben in Lebensgefahr. Die Behörden gehen inzwischen von einem Terrorakt aus. Die Polizei hat zwei Männer festgenommen. Nur einer gilt als Verdächtiger.

Nach dem Angriff auf eine Moschee in der kanadischen Stadt Québec mit sechs Toten wird nur noch einer der beiden festgenommenen Männer als tatverdächtig eingestuft. Von den zwei nach dem Angriff Festgenommenen werde ein Mann marokkanischer Herkunft nun als Zeuge betrachtet, hieß es am Montag. Insider erklärten, die Polizei gehe von dem Tatmuster eines "einsamen Wolfs" aus.

Einer der beiden Männer wurde unmittelbar nach dem Angriff am Sonntagabend noch am Tatort festgenommen, der zweite rief wenig später von seinem Auto aus den Notruf, um sich zu stellen, wie die Polizei auf einer Pressekonferenz mitteilte. Über ein mögliches Motiv wurden keine Angaben gemacht. Die beiden festgenommenen Männer wurden von den Behörden als Alexandre B. und Mohammed al-K. identifiziert.

Um kurz vor 20 Uhr am Sonntag hatten zwei in schwarz gekleidete, maskierte Angreifer das Gotteshaus betreten und auf die Betenden geschossen, wie Augenzeugen später berichten. Bald darauf sind sechs Menschen tot und 19 verletzt, fünf schweben in Lebensgefahr.

"Es war jemand, der mit Waffen umgehen konnte", sagte ein Mann der Zeitung "Globe and Mail", der auf dem Bauch liegend im vorderen Teil der Moschee ausharrte, als einer der Angreifer sein Magazin leerte.
Berichten zufolge ist dieser mit einem Kalaschnikow-Sturmgewehr unterwegs gewesen. "Er tötete und tötete. Es war wirklich schrecklich." Wie viele andere hatte der Augenzeuge, der seinen Namen nicht nennt, geglaubt, die beschauliche Stadt in der französischsprachigen Provinz sei sicher, Kanada sei sicher. "Aber leider ist das nicht der Fall."

Die Polizei gab die Zahl der Opfer am Montagnachmittag europäischer Zeit mit sechs an, 19 Menschen seien zudem verletzt worden — fünf davon lebensgefährlich. Die Opfer seien zwischen 35 und 70 Jahre alt, sagte Polizeisprecherin Christine Coulombe am Montag. 39 Menschen seien unverletzt geblieben. Zum Zeitpunkt seien mehr als 50 Personen in dem Gotteshaus gewesen. Es sei von einem "Terroranschlag" auszugehen. Zunächst hatte der Moschee-Präsident gesagt, er habe fünf Leichen identifizieren müssen.

Kurz nach der Tat nahm die Polizei zwei Männer fest. Einer von ihnen wurde nahe des Tatorts gefasst, den zweiten Tatverdächtigen fassten die Einsatzkräfte nach einer Verfolgungsjagd etwa 20 Kilometer von der Moschee entfernt. Inzwischen gilt nur noch einer der beiden als Tatverdächtiger.

Zeugen sprachen von bis zu drei Schützen. Laut der Zeitung "Le Soleil" war einer der Festgenommenen mit einem Kalaschnikow-Sturmgewehr bewaffnet. Der Polizeisprecher schloss nicht aus, dass noch ein weiterer Verdächtiger auf der Flucht sei.

Ministerpräsident Justin Trudeau bezeichnete die Tat im Kurznachrichtendienst Twitter als feigen Angriff. Seine Gedanken seien bei den Opfern und ihren Familien. Er sprach von einem "Terroranschlag auf Muslime" und versprach, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. "Wir verurteilen dieses terroristische Attentat auf Muslime in einem Gotteshaus", erklärte Trudeau am Montag.

"Es ist herzzerreißend, solch sinnlose Gewalt zu sehen", erklärte Premier Trudeau in seiner Stellungnahme. Vielfalt und religiöse Toleranz seien eine Stärke Kanadas. "Muslimische Kanadier sind ein wichtiger Teil unserer nationalen Identität (...)."

Der Premierminister der gleichnamigen Provinz, Philippe Couillard, erklärte per Twitter, seine Regierung stehe bereit, "um für die Sicherheit der Menschen von Quebec" zu sorgen. Auch er bezeichnete die Bluttat als Terrorakt. Quebec lehne "diese barbarische Gewalt" ab, erklärte Couillard weiter und fügte hinzu, "Solidarität mit allen Einwohnern Quebecs muslimischen Glaubens".

Der Bürgermeister der Stadt Québec, Régis Labeaume, wirkte sichtlich erschüttert. "Keine Person sollte mit ihrem Leben für ihre Rasse, ihre Farbe, ihre sexuelle Orientierung oder ihren religiösen Glauben bezahlen müssen", sagte Labeaume.

"Es ist entsetzlich", sagte der Moschee-Vorsitzende Mohammed Yangui. "Diese Menschen kommen jeden Tag friedlich zum Beten, aber jetzt werden einige von ihnen nie wieder vom Gebet nach Hause zurückkehren. Ich bin schockiert, mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, was ich fühle." Yangui wies darauf hin, dass seine Moschee in der Vergangenheit schon mehrfach Ziel von Angriffen gewesen sei. Im Juni wurde etwa ein abgetrennter Schweinekopf im Eingangsbereich der Moschee abgelegt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte die Attacke eine "verachtenswerte Tat". Das "grausame Attentat auf betende Muslime" verurteilte auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD). Frankreichs Präsident François Hollande sprach von einem Anschlag auf "den Geist des Friedens und der Offenheit" in Québec.

Auch Frankreichs Präsident François Hollande äußerte sich erschüttert über die "abscheuliche" Tat. Den Anschlag auf "den Geist des Friedens und der Offenheit" der Menschen in Québec verurteile er aufs Schärfste.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel verurteilte den Anschlag auf das Schärfste. "Der Angriff zielt ins Herz einer Nation, die für religiöse Toleranz und Vielfalt bekannt ist." Deutschland und Kanada seien überzeugte Partner im Kampf gegen den Terrorismus, hieß es in einer vom Auswärtigen Amt in Berlin veröffentlichten Erklärung weiter. Das entschlossene Vorgehen gegen die Täter dürfe aber nicht auf Kosten einer offenen und freien Gesellschaft geschehen.

US-Präsident Donald Trump hat Premierminister Justin Trudeau kondoliert. Der Überfall sei ein sinnloser Akt der Gewalt, der nicht toleriert werden könne, sagte Trumps Sprecher Sean Spicer. "Wir verurteilen diesen Akt des Terrors auf das Schärfste." Der Vorfall sei eine Erinnerung daran, warum der Präsident mit seinem jüngsten Dekret zur Grenzsicherheit proaktiv gehandelt habe und nicht lediglich reagieren wolle.

Der Bürgermeister von Montréal, Denis Coderre, sagte am Montag wegen des Anschlags in Quebéc einen geplanten Berlin-Besuch ab. Er hatte in der deutschen Hauptstadt der Opfer des Weihnachtsmarkts-Anschlags gedenken wollen, wie der Berliner Senat mitteilte. Montréal ist die größte Stadt der Provinz Québec und liegt ungefähr 250 Kilometer von der Stadt Québec entfernt.

Wiederholt islamfeindliche Vorfälle in Quebec

Die New Yorker Polizeibehörde kündigte nach dem Anschlag an, Patrouillen in Moscheen und anderen Gotteshäusern zu verstärken. Bürgermeister Bill de Blasio forderte Bewohner der US-Stadt über den Kurznachrichtendienst Twitter auf, Auffälliges zu melden.

In Kanada wächst die Zahl muslimischer Einwanderer insbesondere aus den Ländern Nordafrikas. Dies führt immer wieder zu Konflikten in dem säkularen Land. In Quebec kam es in den vergangenen Jahren wiederholt zu islamfeindlichen Vorfällen. 2015 wurde in der Nachbarprovinz Ontario eine Moschee in Brand gesetzt, einen Tag nach den Anschlägen in Paris.

Trudeau hatte am Samstag als Reaktion auf das von US-Präsident Donald Trump verhängte Einreiseverbot gegen Bürger mehrerer muslimischer Länder den Willen seines Landes bekräftigt, weiterhin Flüchtlinge aufzunehmen — unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit. Einwanderungsminister Ahmed Hussen erklärte am Sonntag, die wegen der US-Einreisebeschränkungen in Kanada gestrandeten Reisenden würden eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung erhalten.

(das/AFP/dpa/rtr/AP)
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