Zwangskürzungen greifen ab Freitag Amerika unterwirft sich Spar-Diktat

Wieder einmal kann sich Amerikas Politik im Streit über die Finanzen nicht einigen. Wieder einmal verhindert politisches Kalkül Lösungen im Interesse der Bürger. Mit fatalen Folgen: Ab dem 1. März greift ein selbstverordnetes Spar-Diktat - ohne Rücksicht auf Verluste.

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Foto: afp, SAUL LOEB

Die USA stehen vor massiven automatischen Kürzungen. Im Jahr 2011 erfanden Demokraten und Republikaner das Instrument der "Sequestration", um sich damit selbst zu disziplinieren.

Doch sie haben offensichtlich unterschätzt, wie tief die ideologischen Gräben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sich inzwischen in die Köpfe hineingefressen haben. Nur noch wenige Stunden, dann greift der Automatismus, der das Land zum sinnlosen Sparen verdonnert.

Sinnlos deswegen, weil es nicht ansatzweise einen Plan verfolgt, der eine wirtschaftliche Erholung verspricht. Die Kürzungen erfolgen quer durch alle Ressorts. Verteidigung, Bildung, Gefängnisse, Soziales. Die Behörden haben bereits massive Stellenkürzungen eingeplant, die Folgen wären erheblich.

Unter anderem wäre mit Schulausfall, unbezahltem Zwangsurlaub bei Staatsbediensteten, Entlassungen von Gefängnisinsassen, weniger Personal an Flughäfen und Grenzübergängen zu rechnen.

Zudem hätten Zwangskürzungen nicht nur schwerwiegende Folgen für viele Amerikaner, sondern könnte auch die Weltwirtschaft belasten.

In letzter Minute verhandelte am Donnerstag noch der Kongress. Doch die Fronten sind verhärtet. Auf der einen Seite die Demokraten zusammen mit US-Präsident Barack Obama. Sie haben das selbstverordnete Spar-Diktat zwar miterfunden, wollen jetzt aber nichts mehr davon wissen.

Sie können davon ausgehen, dass die Masse der Bevökerung die Republikaner für die Folgen verantwortzlich machen wird. Denn die Konservativen haben sich das Sparen auf die Fahnen geschrieben. Es ist ihnen mittlerweile sogar wichtiger als das lange Jahre heilige Verteidigungsressort. Sparen als Religionsersatz.

Regierung und Opposition könnten die "Sparbombe", wie Obama sie zuletzt nannte, verhindern, wenn sie noch einen Aufschub vereinbaren oder - besser noch - ein konkretes Programm zur Haushaltssanierung beschließen würden. Doch das scheint nicht zu klappen.

Wie viel soll gekürzt werden?

Insgesamt geht es um Einsparungen von 1,2 Billionen Dollar im Zeitraum von zehn Jahren. 200 Milliarden davon soll die Verminderung der Zinskosten bringen. Für das laufende Fiskaljahr 2013, das Ende September endet, stehen Kürzungen von 85 Milliarden Dollar an.

Wo soll der Rotstift angesetzt werden?

Festgelegt ist, dass die Einsparungen zur Hälfte aus dem traditionell riesigen Verteidigungshaushalt kommen. Die andere Hälfte entfällt auf andere Etatposten für inländische Programme. Für dieses Jahr bedeutet das also, dass die Militärausgaben um 42,7 Milliarden Dollar schrumpfen würden - das sind acht Prozent des laufenden Verteidigungsetats. Dabei können nicht einfach Einsparungen aus einem Haushaltsbereich auf einen anderen verlagert werden.

Gibt es Ausnahmen vom Spardiktat?

Tatsächlich bleibt ein großer Teil des Bundesetats verschont - viele Leistungen, auf die sich die Regierung fest verpflichtet hat.
Dazu gehören die Renten, die staatliche Krankenversicherung für die Armen und weitgehend auch die für Senioren.

Wie und wann werden sich die Sparmaßnahmen bemerkbar machen?

Erwartet werden beispielsweise Entlassungen Tausender Lehrer und Zwangsurlaube allein für 800 000 Zivilangestellte im Verteidigungsbereich. Auch Verzögerungen im Flugverkehr drohen, weil zum Beispiel zahlreiche Kontrolltürme nicht mehr besetzt werden können und das Personal an den Sicherheitssperren ausgedünnt wird.
Langzeitarbeitslose müssen sich auf Leistungskürzungen einstellen.

Zumeist werden die Einschnitte aber erst nach und nach spürbar werden - es drohen keine unmittelbaren katastrophalen Folgen, wie es sie sicher gegeben hätte, wenn man das US-Schuldenlimit nicht angehoben hätte und das Land zahlungsunfähig geworden wäre.

Heißt das, alles ist doch nicht ganz so dramatisch?

Es ist ernst genug. Neben den persönlichen Folgen für unmittelbar Betroffene drohen nach Experteneinschätzung ein langsameres Wirtschaftswachstum in den USA und ein erneuter Anstieg der Arbeitslosigkeit. So sieht es auch die Budgetbehörde des Kongresses.

(dpa/pst/sap)
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