Präsidentenwahl im Iran Ahmadinedschad kämpft um die Macht

Teheran (RPO). Am Freitag schaut die Welt in den Nahen Osten: Im Iran wird ein neuer Präsident gewählt. Im Wahlkampf dominierten jedoch nicht Themen wie das Atomprogramm, sondern vor allem die marode Wirtschaft. Der führende Reformkandidat Mir Hossein Mussawi verspricht den ersehnten Wandel, Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad flüchtet sich in persönliche Angriffe. Wer das Rennen macht, ist völlig offen.

Drei Männer gegen Ahmadinedschad
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Zum Ende des Präsidentschaftswahlkampfs im Iran hat der Schlagabtausch zwischen den Kandidaten an Schärfe zugenommen. Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad warf dem führenden Reformkandidaten Mir Hossein Mussawi vor, mit Hitler-Methoden eine Verleumdungskampagne gegen ihn zu führen. Seine Gegner hätten mit den Methoden von Adolf Hitler und Joseph Goebbels einen "psychologischen Krieg" gegen den Iran geführt, sagte Ahmadinedschad am Mittwoch bei seinem letzten Wahlkampfauftritt.

Zehntausende Anhänger verfolgten Ahmadinedschads Rede in Teheran und skandierten: "Mussawi ist ein Lügner" oder "Mussawi, auf Wiedersehen". Wenige Stunden nach Ahmadinedschads Rede versammelten sich auch tausende Anhänger Mussawis auf einem nahe gelegenen Platz und feierten ihren Kandidaten - fast so, als hätte der Reformer den Hardliner Ahmadinedschad schon besiegt.

Neben Ahmadinedschad und Mussawi kandidieren auch der frühere Parlamentspräsident Mahdi Karrubi sowie der konservative ehemalige Kommandeur der Revolutionsgarden Mohsen Resaei für das Präsidentenamt. Den beiden letzteren werden aber nur geringe Chancen eingeräumt. Beobachter rechnen mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Ahmadinedschad und Mussawi. Wenn keiner von ihnen in der ersten Runde die notwendige Mehrheit von 50 Prozent erreicht, müssten sie sich am 19. Juli einer Stichwahl stellen.

Kandidat der Konservativen

Der 52-jährige Ahmadinedschad genießt die Unterstützung der konservativen Führung des Landes. Der oberste geistliche Führer Ayatollah Ali Chamenei sprach sich mehrfach zu seinen Gunsten aus. Zur Wählerklientel des ehemaligen Teheraner Bürgermeisters zählen vor allem die Landbevölkerung und Kleinstädter.

Mussawi wird von großen Teilen des reformorientierten Lagers unterstützt, Ex-Präsident Mohammed Chatami gab eine Wahlempfehlung für ihn ab. Er genießt den größten Rückhalt in den Großstädten des Landes. Vor allem die jungen, gut ausgebildeten und westlich orientierten Iraner setzen große Hoffnungen in Mussawi, den sie im Wahlkampf lautstark unterstützten. Auch Intellektuelle, Schriftsteller, Künstler und Regisseure stellten sich hinter den 67-Jährigen, der eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen versprochen hat.

Wirtschaftskrise zentrales Wahlkampfthema

Nach Wochen des intensiven Wahlkampfs durften die Kandidaten am Donnerstag nicht mehr um Stimmen werben, Wahlplakate wurden bereits abgehängt. Die Wahlkommission und die Websites der Kandidaten riefen die gut 46 Millionen Wahlberechtigten auf, sich rege an dem Urnengang zu beteiligen. Das Innenministerium forderte dazu auf, eventuelle Unregelmäßigkeiten in den 40.000 Wahllokalen zu melden. Rund 110.000 Vertreter der Kandidaten werden den Verlauf der Abstimmung laut der Wahlkommission in den einzelnen Wahllokalen beobachten.

Auf Mussawis Website hieß es, er wünsche den Sieg, "um das Land aus der gegenwärtigen Situation zu befreien" - eine Anspielung auf die wirtschaftliche Lage, die im Wahlkampf heftig umstritten war. Mussawi warf Ahmadinedschad unter anderem vor, die Probleme schönzureden und Statistiken zu manipulieren. Ahmadinedschad entgegnete, Mussawi habe die Wähler mit Lügen über den Zustand der Wirtschaft auf seine Seite ziehen wollen.

Unter dem Populisten Ahmadinedschad konnte sich die iranische Wirtschaft zuletzt trotz des lange Zeit hohen Ölpreises kaum weiterentwickeln. Inflation und Arbeitslosigkeit liegen Schätzungen zufolge bei über 25 Prozent, unter Jugendlichen soll die Arbeitslosenrate noch deutlich höher sein. Viele junge Menschen hoffen daher auf Mussawi, der die Wirtschaft voranbringen und mehr Freiheiten erlauben will.

Chef der Revolutionsgarden droht

Der politische Chef der Revolutionsgarden, Jadollah Dschawani, warnte jedoch, dass die Sicherheitskräfte keine wie auch immer geartete "Revolution" des Volkes dulden würden. Auch die Bildung eines politischen Bündnisses nach der Wahl unter dem Banner einer Farbe würde nicht hingenommen, erklärte Dschawani am Mittwoch im Hinblick auf Mussawis "grüne Bewegung". Die Revolutionsgarden sind ein fester Teil des Establishments: Die streng konservative Truppe kontrolliert eine große Zahl an Sicherheitskräften und Milizen von Freiwilligen.

Bei der Präsidentschaftswahl entscheidet sich die weitere politische Richtung des Irans, auch im Hinblick auf das Atomprogramm und die von US-Präsident Barack Obama vorgeschlagene Annäherung an die USA und die internationale Staatengemeinschaft. Der Spielraum eines neuen Präsidenten ist jedoch begrenzt, da der nicht vom Volk gewählte geistliche Führer Ayatollah Chamenei in allen Fragen das letzte Wort hat.

(AP)
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