Abzug aus Incirlik Antworten zum Bundeswehrumzug nach Jordanien

Berlin · Zwar ist die Entscheidung formell noch nicht getroffen. Der Abzug der Bundeswehr aus Incirlik ist nach dem Scheitern des letzten Einigungsversuchs von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) in Ankara aber unausweichlich. Wir haben Fragen und Antworten zum Themekomplex zusammengestellt.

Künftig werden die Bundeswehr-Tornados wohl von Jordanien aus starten (Archivbild).

Künftig werden die Bundeswehr-Tornados wohl von Jordanien aus starten (Archivbild).

Foto: dpa

Das Kabinett befasst sich am Mittwoch mit dem Thema, das letzte Wort dürfte der Bundestag haben. Da es einen solchen Umzug noch nie gegeben hat, wirft er für Politik und Militär einige neue Fragen auf.

Wer trifft die Entscheidung?

Eine Änderung des Bundestagsmandats ist für den Umzug rein rechtlich nicht notwendig. Der Stationierungsort ist in dem aktuellen Mandatstext nicht genannt. Der Umzug könnte also theoretisch auch vom Bundeskabinett im Alleingang beschlossen werden. Aus politischen Gründen wird die Regierung aber trotzdem den Bundestag einschalten. In der Kabinettssitzung an diesem Mittwoch wird wohl zunächst nur Einvernehmen über das weitere Vorgehen hergestellt.

Warum ist ein Bundestagsbeschluss politisch so wichtig?

Im Incirlik-Streit geht es im Kern um die Tatsache, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist. Monatelang hat die Bundesregierung der Türkei gegenüber argumentiert, dass der Bundestag über die Auslandseinsätze der Bundeswehr entscheidet und die Abgeordneten deshalb die Möglichkeit haben müssen, die Soldaten zu besuchen. Das Parlament jetzt von einer Entscheidung über den Umzug auszuschließen, würde diese Argumentation ad absurdum führen. Der Bundestag wird also wahrscheinlich über einen Entschließungsantrag abstimmen, der den Mandatstext ergänzt.

Gibt es auch im Parlament Einvernehmen?

Die Koalitionsfraktionen und die Grünen sind für einen Abzug. Die Linke auch, sie geht aber noch einen Schritt weiter: "Die Soldaten sollten nicht nach Jordanien verlegt, sondern endlich nach Hause geholt werde", sagt Fraktionschefin Sahra Wagenknecht.

Wann kann der Umzug beginnen?

Die nächste reguläre Bundestagssitzung ist am 21. Juni. Frühestens dann ist mit einem Umzugsbeschluss zu rechnen. Danach könnte es losgehen. Allerdings muss Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) noch klären, wer in der internationalen Koalition gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) die Aufgaben der Bundeswehr für die Zeit des Umzugs übernehmen kann.

Wann wird die Bundeswehr denn in Al-Asrak voll einsatzfähig sein?

Voraussichtlich muss die Beteiligung der Bundeswehr an dem Anti-IS-Einsatz für zwei Monate unterbrochen werden. So lange dauert es, um das Herzstück des Einsatzes nach Jordanien zu schaffen. Dabei handelt es sich um die Bodenstation, in der die Bilder der "Tornado"-Aufklärungsflugzeuge ausgewertet werden. Insgesamt muss die Bundeswehr 200 Container von Incirlik nach Al-Asrak schaffen. Es ist also eine größere logistische Herausforderung.

Was ist Al-Asrak für ein Standort?

Die Gegend um das Schloss von Al-Asrak nutzte nach Angaben des jordanischen Militärs bereits 1918 der als Lawrence von Arabien zur Legende gewordene Brite Thomas Edward Lawrence zum Start und zur Landung von Flugzeugen. Die Region erschien vor allem wegen klarer Sicht und guten Wetters als Standort für einen Militärflughafen geeignet, zu dem Al-Asrak Ende der 1970er Jahre ausgebaut wurde. Schon in der Vergangenheit wurde der Stützpunkt auch zum Kampf gegen den IS benutzt.

Wie ist die Sicherheitslage in Jordanien?

Das Königreich Jordanien gilt als stabiles Land inmitten der Krisenherde der arabischen Welt. Trotzdem wurde es in den vergangenen Jahren auch immer wieder von Terrorakten erschüttert. So starben Ende letzten Jahres zehn Menschen, darunter eine kanadische Touristin, als Attentäter in der Stadt Kerak das Feuer eröffneten. Wie auch bei weiteren Anschlägen bekannte sich die IS-Terrormiliz zu der Tat. Die jordanische Armee ist an der Grenze zu Syrien in Dauerbereitschaft. Doch Jordanien hat auch ein Problem mit Extremisten aus dem eigenen Land: Viele der ausländischen IS-Kämpfer in Syrien und dem Irak kommen aus dem moderaten Königreich.

(felt/dpa)
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