Düsseldorf Auch die CDU glaubt nicht mehr an das Turbo-Abi

Düsseldorf · Als letzte Partei kündigt auch die Union Vorschläge für eine Gymnasial-Reform an. Schulen sollen mehr entscheiden dürfen.

Oppositionsführer Armin Laschet (CDU) will im Streit um das "Turbo-Abi" in NRW bis Ende Oktober ein eigenes Konzept vorlegen. Das kündigte der Chef der CDU-Fraktion im Landtag gestern in Düsseldorf an. "Wir haben viel Sympathie für das, was die FDP da vorgelegt hat", deutete Laschet schon die Richtung an und distanzierte sich von seiner früheren Euphorie für das auf acht Schuljahre verkürzte Gymnasium (G8-Modell): "Das würde man heute so wohl nicht mehr machen."

Das ist eine Kehrtwende. Die damals schwarz-gelbe Landesregierung hatte die Verkürzung der Schulzeit von neun (G9-Modell) auf acht Jahre 2005 umgesetzt. Laschet räumte gestern ein, damals auch zu den Befürwortern gehört zu haben: "Damals fanden das alle klug. Auch ich." Allerdings sehe er das heute anders: "Was haben wir davon, wenn wir lauter 17-jährige Studenten bekommen, die nicht einmal einen Mietvertrag für ihre Studentenwohnung unterschreiben dürfen?"

Die Kritik an G8 hat seit der Einführung kontinuierlich zugenommen. Jetzt wird sie sogar zu einem zentralen Thema des bevorstehenden Landtagswahlkampfes in NRW. Die CDU zögert von allen relevanten Parteien im Landtag am längsten damit, sich auf eine Position in der Frage festzulegen. Vor wenigen Wochen hatte FDP-Chef Christian Lindner bereits gefordert, die Schulen sollten selbst entscheiden können, ob sie ihren Schülern das Abitur nach acht oder nach neun Jahren anbieten wollen. Die grüne NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann umging eine Festlegung über Monate und wollte die Entscheidung faktisch an ein Expertengremium delegieren. Bis sie vor gut einer Woche - wohl unter dem Druck der immer dynamischer werdenden Debatte - mit ihrem Vorschlag zur "Flexi"-Schulzeit überraschte: Langfristig soll aus Löhrmanns Sicht jedes Kind eine individuelle Lernzeit und damit Schullaufbahn durchlaufen. Im Detail bleibt Löhrmann aber noch ungenau. Die SPD dagegen will die Sekundarstufe I wieder von fünf auf sechs Jahre verlängern. Dafür sollen die Schüler in der Oberstufe wählen können, ob sie ihr Abitur nach zwei (G8) oder drei (G9) Jahren machen wollen.

Die komplette Rückkehr zu G9 hält Laschet aber ebenfalls für unangemessen. "Das wird nicht mehr möglich sein an allen Schulen", sagte er gestern. Deswegen sei es sinnvoll, die Schulen vor Ort mehr entscheiden zu lassen, so wie die FDP das vorschlage. Es müsse aber stärker als beim FDP-Modell darauf geachtet werden, dass Neuregelungen die Vorgaben der Kultusministerkonferenz erfüllten und keine Beliebigkeit entstehe.

Das Projekt "Gute Schule" lehnt Laschet ab. Es sieht vor, dass die Landesregierung den Schulen mit Hilfe der NRW-Bank in den letzten Monaten dieser Legislaturperiode noch gut zwei Milliarden Euro zur Verfügung stellt. "Das ist ein komischer Titel in Zeiten, in denen keiner weiß, wie es an den Schulen eigentlich weitergeht", sagte er. Rot-Grün habe seit 2009 die Schulpauschale nicht mehr angehoben. "Hätte man dies nicht versäumt, wäre das Programm gar nicht nötig", so Laschet.

Eltern- und Lehrerverbände wollten sich gestern noch nicht zu Laschets neuer Schulpolitik äußern, weil sie erst die konkrete Ausgestaltung des Vorschlages abwarten wollen. Hinter vorgehaltener Hand heißt es im Kreis der NRW-Gymnasial-Rektoren: "Uns ist fast schon egal, was der Landtag beschließt. Hauptsache, wir bekommen endlich Planungssicherheit und ausreichende Mittel für die Umsetzung."

(tor)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort