Berlin Merkel zögert Antwort auf K-Frage hinaus

Berlin · Die Kanzlerin bekommt aus den eigenen Reihen Rückendeckung. Kopfschütteln herrscht dagegen über die Strategie der Schwesterpartei.

Angela Merkel zögert eine Antwort auf die Kanzler-Frage hinaus
Foto: dpa, pgr fdt

Es ist ein Spielchen zwischen der Hauptstadtpresse und dem CDU-Generalsekretär, dass nach jeder Präsidiumssitzung der Parteispitze nach den Ambitionen der Kanzlerin auf eine weitere Amtszeit gefragt wird. Generalsekretär Peter Tauber lächelt dann freundlich und gibt seine Standard-Antwort. Gestern schob er noch davor, er habe sich rückversichert und gab dann die nichtssagende Antwort, die Frage werde entschieden, wenn sie anstehe.

Dabei wurde die Frage das ganze Wochenende über diskutiert. Der "Spiegel" hatte gemeldet, die Kanzlerin zögere mit der Offenlegung ihrer Kandidatur, weil CSU-Chef Horst Seehofer sie hinhalte. Man kann getrost davon ausgehen, dass eben diese Meldung von der CSU lanciert wurde. Das Verhältnis der Schwesterparteien ist trotz öffentlich inszenierter Versöhnung weiter schlecht.

Für die Benennung eines gemeinsamen Kanzlerkandidaten von CDU und CSU gibt es kein formales Verfahren. Die Einigung auf einen gemeinsamen Kandidaten der Schwesterparteien war in der Geschichte der Union vielfach schon mühsam und von viel Streit geprägt. Auch für 2017 droht ein Nervenkrieg. Die meisten Führungsleute von CDU und CSU rechnen damit, dass Merkel 2017 wieder antreten wird. Nach den informellen Regeln einer solchen Kandidatenkür sollte sie sich mit CSU-Chef Seehofer verständigen, bevor sie öffentlich macht, dass sie erneut antritt. Die Gepflogenheit scheint die CSU aktuell zu nutzen, die Kanzlerin zappeln zu lassen. Offenbar ist bei der CSU noch die Frage ungeklärt, ob man zwar mit einer gemeinsamen Kanzlerkandidatin Merkel antritt, es zudem aber noch einen eigenen Spitzenkandidaten Seehofer geben sollte.

Bei der CDU ist man aber fest entschlossen, sich nicht von Seehofer am Nasenring durch die Arena führen zu lassen. "Was soll die CSU denn machen, wenn Merkel einfach sagt: Ich trete wieder an?", fragte gestern ein Parteistratege.

In der Partei herrscht Kopfschütteln über die Schwester aus Bayern. "Man kann doch nicht monatelang Merkel öffentlich demontieren und dann sechs Wochen vor der Wahl sagen: Sie ist die beste, bitte wählt sie", sagte ein CDU-Führungsmitglied.

Aus den eigenen Reihen erhielt die Kanzlerin viel Unterstützung. "Ich wünsche mir, dass sie nach der Bundestagswahl 2017 im Amt bleibt. Dies ist auch wichtig für den Zusammenhalt Europas", sagte CDU-Vize-Chef Armin Laschet unserer Redaktion. Kein EU-Regierungschef genieße eine solche Anerkennung und Autorität wie die Bundeskanzlerin. Ähnlich äußerten sich die Ministerpräsidenten von Hessen und aus dem Saarland, Volker Bouffier und Annegret Kramp-Karrenbauer. CDU-Vize-Chefin Julia Klöckner ging noch weiter: "Angela Merkel wird wieder antreten als Parteivorsitzende beim Bundesparteitag und sie wird dann selbst entscheiden, wann sie verkünden wird, dass sie als Kanzlerkandidatin zur Verfügung steht." Während sich Klöckner vor der Präsidiumssitzung sehr offen äußerte, wurde das Thema, wann sich Merkel zu einer erneuten Kandidatur erklärt, während des Treffens hinter verschlossenen Türen nicht aufgerufen.

Dafür befassten sich die CDU-Präsiden ausführlich mit den Äußerungen von Vizekanzler Sigmar Gabriel zum Freihandelsabkommen TTIP und zur Flüchtlingspolitik. Nach der Sitzung kritisierte Generalsekretär Tauber den SPD-Chef ungewohnt scharf. Gabriels "Eiertanz" zwischen Parteivorsitz und Wirtschaftsministerium sei "schwer erträglich", sagte Tauber bezogen auf Gabriels Haltung zu TTIP. Seine Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik nannte Tauber eine "bodenlose Unverschämtheit" und verwies darauf, Gabriel selbst habe auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Bundestag ein "Refugees Welcome"-Anstecker getragen.

Während der CDU-Generalsekretär in den Wahlkampfmodus schaltete, ließ er die Fragen zu Merkels nächstem Wahlkampf offen. Die Erwartungshaltung zu Merkels Entscheidung ist in der Partei von der Basis bis zur Führung eindeutig. Allerdings hält Merkel sich nach Aussagen ihrer Vertrauten auch im engsten Umfeld mit einer eindeutigen Festlegung zurück.

Es ist schwer vorstellbar, dass sie sich beim Parteitag im Dezember in Essen als Parteichefin wiederwählen lässt, ohne erneut 2017 fürs Kanzleramt anzutreten. Sollte Seehofer sich bis Dezember nicht darauf festlegen wollen, dass die CSU einen Merkel-Wahlkampf unterstützt, könnte es erneut zum offenen Konflikt der Schwesterparteien kommen. Der Druck auf Merkel aus den eigenen Reihen wäre enorm. Man darf nicht vergessen, dass beim Parteitag 2015 eine von Seehofer gedemütigte Merkel auftrat. Ein zweites Mal dürfte sich die Parteibasis dies nicht gefallen lassen.

(qua)
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