Berlin Merkel und May vermeiden offenes Wort über den Brexit

Berlin · Persönlich harmonieren die neue britische Regierungschefin und die deutsche Kanzlerin miteinander.

Theresa May zum Antrittsbesuch bei Angela Merkel
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Theresa May zum Antrittsbesuch bei der Kanzlerin

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Foto: ap, TH

Beim Gang über den roten Teppich dirigiert Kanzlerin Angela Merkel die neue britische Regierungschefin Theresa May mit kleinen Handzeichen durch das Protokoll des Empfangs mit militärischen Ehren. Die beiden wirken harmonisch. Nach ihrem ersten Gespräch im Kanzleramt wird bei der anschließenden Pressekonferenz deutlich, dass May und Merkel miteinander können. Sie vermeiden es, die Differenzen, die zwischen der EU und Großbritannien bei den nahenden Brexit-Verhandlungen stehen, offen anzusprechen. Vielmehr betonen sie die deutsch-britischen Gemeinsamkeiten jenseits der EU: Merkel bezeichnet es als ein "Zeichen der Verbundenheit unserer beider Länder", dass May ihre erste Auslandsreise als Premier nach Deutschland macht. Das hat noch kein britischer Premier zuvor so gehandhabt. Damit niemand in Europa ob der deutsch-britischen Charme-Offensive hellhörig werden müsste, versichert Merkel zugleich, dass es keine Verhandlungen über den Brexit geben werde, so lange Großbritannien nicht sein Austrittsgesuch vorlegt. Dies wird nicht mehr in diesem Jahr geschehen - so die Botschaft von May. Merkel wiederum will den Briten die Zeit geben, die sie benötigen: "Es ist für alle von Interesse, wenn Großbritannien mit einer sehr gut definierten Verhandlungsposition diesen Austritt beantragt."

Die britische Premierministerin steckt ihrerseits das Feld ab für die künftigen Beziehungen des Königreichs zu Deutschland. Die wirtschaftlichen Beziehungen sollten "eng" bleiben und globale Herausforderungen wie die territoriale Integrität der Ukraine wolle man weiter gemeinsam angehen. Dann sagt May einen Satz, der in seiner Dualität ein bisschen nach Merkel klingt. Die Verhandlungen über den Brexit sollten so geführt werden, dass die Entscheidung der britischen Bürger geachtet und die europäischen Partner respektiert würden. Das wird nicht einfach.

May und Merkel führen den Eiertanz zweier Regierungschefinnen auf, die ihre Differenzen genau kennen, aber nichts davon halten, sie öffentlich auszutragen. Dass sie sich auf harte Verhandlungen einstellen müssen, wissen sie beide. Merkel formuliert es so: Verhandlungen mit den Briten seien schon immer "interessant, anstrengend und taktisch klug" gewesen.

Über die biografischen Ähnlichkeiten der beiden Regierungschefinnen ist schon viel geredet worden. Die 59-jährige May und die 62-jährige Merkel gehören der gleichen Generation an. Beide sind Pfarrerstöchter, verheiratet und kinderlos.

Im politischen Geschäft gelten beide als sachlich, pragmatisch und persönlich uneitel. May und Merkel sind ein ähnlicher Typus, was ihnen offensichtlich geholfen hat, einen Draht zueinander zu finden. Inhaltlich liegen sie weit auseinander.

(qua)
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