Angela Merkel Die absolute Kanzlerin

Berlin · Angela Merkel scheint auf dem Gipfel ihrer Macht. In ihrer Partei ist sie als Kanzlerkandidatin unumstritten, Umfragen lassen auf eine eigene Mehrheit der Union hoffen. Doch am Ende könnten CDU und CSU über sich selbst fallen.

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Foto: dpa, Patrick Seeger

CSU-Chef Horst Seehofer beschäftigt sich gerne mit seiner Modelleisenbahn. Im Keller seines Wohnhauses hat der bayerische Ministerpräsident mit einer autobiografisch geprägten Miniaturlandschaft einen ganzen Raum gefüllt, so ist es überliefert. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat darin auch ihren Platz - als Playmobil-Figur. Geht es nach Seehofer, soll Merkel in der realen Welt, über dem Kellergeschoss, auch nach 2017 Kanzlerin sein. Wenige Tage nach Silvester äußerte er seine Erwartung, dass Merkel ein viertes Mal ins Rennen um das Kanzleramt gehen werde. Und dass die Union bei der Bundestagswahl die absolute Mehrheit der Mandate erreichen könne.

Knapp sieben Monate später ist Seehofer diesen Zielen offenbar nähergekommen. Erstens: Merkel will - wenig überraschend - wohl noch einmal. Wie der "Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, soll sich die Kanzlerin entschieden haben, eine vierte Amtszeit anzustreben. Bei einem "Strategietreffen" mit CDU-Generalsekretär Peter Tauber und CDU-Bundesgeschäftsführer Klaus Schüler habe sie bereits besprochen, wer für die Kampagne der Union zuständig sein solle, schreibt das Magazin. Demnach soll der Wahlkampf in der Parteizentrale, dem Konrad-Adenauer-Haus, organisiert werden. Ob Merkel aber für die gesamte Legislaturperiode zur Verfügung stehe, sei unklar.

Zweitens könnte Seehofer aber auch insofern richtig liegen, als die Union laut einer aktuellen Umfrage der "Bild am Sonntag" die absolute Mehrheit erreichen könnte. Auf 43 Prozent käme die Union laut Meinungsforschungsinstitut Emnid, wenn gestern Bundestagswahl gewesen wäre. Damit hätten CDU und CSU - erstmals seit Juni 2005 - wieder einen so großen Anteil an der Mandatstorte wie alle anderen im Parlament vertretenen Parteien zusammen. Auch SPD (24 Prozent), Linke (neun Prozent) und Grüne (zehn Prozent) kämen gemeinsam auf 43 Prozent. FDP und AfD würden der Erhebung zufolge jeweils knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Seehofer, der zwar selbst nur noch bis 2018 amtieren will, dessen Partei sich aber von einer alleinigen Regentschaft der Union im Bund einen enormen Machtgewinn für viele Jahre verspricht, hat seine Rechnung jedoch offenbar ohne die Kanzlerin gemacht. Laut "Spiegel" ist Angela Merkel skeptisch, ob die Union die absolute Mehrheit als Wahlziel ausgeben solle.

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Angela Merkel – herausragende Momente einer Kanzlerin

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Foto: dpa/Peter Kneffel

Unter bayerischen Abgeordneten ist man sich einig: "Die Union muss immer für die denkbar größten Mehrheiten kämpfen", sagt Max Straubinger, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag. "Angela Merkel sollte keine Scheu davor haben, 2017 für eine absolute Mehrheit zu kämpfen und mit ihr zu regieren. Wir in der CSU können unserer Schwesterpartei dabei aus Erfahrung noch mehr Mut einflüstern", gab er sich selbstbewusst. Auch der CSU-Abgeordnete Michael Frieser, der sich mit seinem Nein im Bundestag zu neuen Griechenland-Verhandlungen gegen Merkels Kurs gestellt hatte, ruft die CDU zu mehr Kampfeslust auf. Das Credo einer Volkspartei sei es doch, mit dem eigenen Programm einen Großteil der Bürger anzusprechen. "Deswegen darf niemand in der Union Angst vor einer absoluten Mehrheit haben."

Doch ein solch kraftstrotzender Wahlkampf würde kaum zu der vorsichtig taktierenden Kanzlerin passen. Ihre Stärke ist die Kompromissfindung im Verborgenen - wenn auch mit teils harten Bandagen, wie die Verhandlungen mit Griechenland bewiesen. Zwar wäre sie auch in einer Alleinregierung auf Kompromisse mit der kleinen Schwester CSU angewiesen. Am Ende aber fielen alle Misserfolge der Regierung allein auf die Union zurück - und die SPD hätte in der Opposition leichtes Spiel, jedes Mal den Finger in die Wunden zu legen.

Und wie nah CSU und politischer Misserfolg derzeit beieinanderliegen, zeigen Pkw-Maut, Betreuungsgeld und der provinzielle Streit in der Energiewende. Das Verhältnis der beiden Unionsparteien darf also als angeschlagen gelten, siehe dazu auch die Debatte über ein Einwanderungsgesetz. Zumal sich Experten einig sind: Ihre aktuelle Popularität verdankt die Union der Kanzlerin. Dass sich also Merkel von der CSU gegen ihren Willen in einen Wahlkampf mit dem Ziel einer absoluten Mehrheit drängen ließe, würde wohl die Kraft bayerischen Selbstbewusstseins überschätzen.

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Foto: Screenshot / instagram.com/bundeskanzlerin

Und so konzentriert sich auch Max Straubinger doch lieber auf den Konkurrenten: "Der Spruch der SPD, Merkel sei auch unser größtes Risiko, ist angesichts des eigenen Zickzack-Vorsitzenden allein von Neid getrieben. Und selbst wenn, werden wir es leicht tragen." Der Urheber des Satzes, SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel, sagte: "Die aktuellen Umfragewerte der Union sind nicht mehr als eine Momentaufnahme." Auch Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) wollte beruhigen und sagte der "Bild"-Zeitung, die Kanzlerin werde sich zur K-Frage äußern, "wenn sie es für richtig hält".

(jd)
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