Persönlich Andrzej Duda . . . ist Kaczynskis Prügelknabe

Andrzej Duda dürfte wissen, wie es sich anfühlt, wenn es rau zugeht - schließlich wohnt Polens Staatsoberhaupt privat in einem Plattenbau in Krakau. Das dürfte von Vorteil für ihn sein, denn rau geht es derzeit auch in seinem beruflichem Umfeld zu: Der polnische Präsident ist nach seinem Veto zur umstrittenen Justizreform zum Prügelknaben seines einstigen politischen Ziehvaters Jaroslaw Kaczynski geworden - und anderer wichtiger Politiker. Lange hatte Duda als Marionette der Regierung gegolten, die jeden noch so umstrittenen Gesetzesentwurf unterzeichnete. Mit der verweigerten Unterschrift unter zwei der drei umstrittenen Gesetzesnovellen, mit der die Regierungspartei PiS ihren Einfluss auf die Besetzung von Richterposten vergrößern wollte, schien er jedoch seinen eigenen Stil gefunden zu haben. Die bittere Begleiterscheinung: Kaczynski und andere führende Politiker wenden sich nun zunehmend gegen ihn. Gestern etwa erklärte Justizminister Zbigniew Ziobo in der Wochenzeitung "wSieci", Duda könne bei der nächsten Präsidentenwahl 2020 möglicherweise nicht auf die Unterstützung der PiS zählen.

Schon bevor Kaczynski und Konsorten anfingen, Duda zu hinterfragen, hatte der Präsident keinen leichten Stand: Auch weil er während seiner Amtszeit gerne und oft Urlaub machte, nahm man den 45-Jährigen in Regierungskreisen nicht wirklich ernst. Zudem fehlte ihm ein guter Draht zur Regierungspartei, nachdem er statt früherer Parteikollegen enge Freunde zu seinen Beratern ernannt hatte. Sie alle kannte er noch aus seinen Tagen in Krakau - der Stadt, in der Duda vor Jahren noch als Verwaltungsrecht-Dozent tätig war, bevor er sich in den Warschauer Präsidentenpalast aufmachte.

Seine Frau Agata, eine Deutschlehrerin, und seine Tochter leben noch heute dort. Gut möglich, dass sie ihren Mann und Vater bald wieder häufiger zu Hause sehen.

Tim Specks

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort