Gastbeitrag Alternativen zur Rundfunkgebühr

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für verfassungsgemäß erklärt, wünschenswert wäre dennoch ein anderes Finanzierungsmodell.

Gastbeitrag: Alternativen zur Rundfunkgebühr
Foto: ddp

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben zwei mächtige Verbündete, die in ihrer Kombination kaum besiegbar sind: die Ministerpräsidenten der Länder und die Justiz. Erst kürzlich hat das Bundesverwaltungsgericht, wie vor ihm schon einige andere Gerichte, den sogenannten Rundfunkbeitrag für rechtmäßig erklärt. Alle (Rechts-)Wege führen nach Karlsruhe: Am Ende wird das Bundesverfassungsgericht im Fall einer Verfassungsbeschwerde entscheiden; die bisherige anstaltsfreundliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt vermutlich keine Abschaffung des Rundfunkbeitrages erwarten.

Juristische Spitzfindigkeiten, etwa zum Begriff der Steuer, sollen hier nicht erörtert werden. Da jeder Wohnungsinhaber und jeder Geschäftsinhaber den Rundfunkbeitrag auch dann entrichten muss, wenn er überhaupt kein Rundfunk- oder Fernsehgerät besitzt oder wenn er die Programme der öffentlich-rechtlichen Anstalten nicht konsumiert, handelt es sich jedenfalls und unbestreitbar um eine Zwangsgebühr. Wie könnte die Zukunft der Rundfunkfinanzierung aussehen?

Gefragt ist dazu die Politik; sie hat den nötigen Entscheidungsspielraum, weil die Gerichte zwar den Rundfunkbeitrag in seiner derzeitigen Gestalt für rechtlich zulässig, aber damit nicht auch für rechtlich geboten erklärt haben. Dies ist ein wichtiger Unterschied, der auch schon deshalb einleuchtet, weil anderenfalls die Rundfunkfinanzierung in ihrer vor Einführung des Rundfunkbeitrages geltenden Form verfassungswidrig gewesen wäre. Was muss der Rahmen für eine politische Gestaltung sein?

Selbst ein scharfer Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird dessen Existenzberechtigung und damit die Sicherung seiner Funktionsfähigkeit vermittels sachgerechter und angemessener Finanzierung nicht bestreiten wollen. Was aber ist eine angemessene und sachgerechte Finanzierung? Die Frage lässt sich nur beantworten, wenn man sich klar macht, dass es bei der Rundfunkfinanzierung nicht nur, aber vor allem auch um Wettbewerb geht.

Den Stellenwert des Wettbewerbs in einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im Fall der Ministergenehmigung für die Übernahme eines Wettbewerbers durch Edeka mit seiner Aussage, Gemeinwohl gehe vor Wettbewerb, mehr verdunkelt als erhellt; denn gerade Wettbewerb ist ein wichtiger Bestandteil des Gemeinwohls. Politik, Kultur, Wirtschaft, Sport und vieles andere sind ohne Wettbewerb überhaupt nicht denkbar. Der Wettbewerb auf dem Markt der Meinungen und der Ideen ist unabdingbare Voraussetzung von Freiheit.

Wenn hier vom Markt und von Wettbewerb die Rede ist, so sind damit eine soziale Marktwirtschaft und ein fairer Wettbewerb gemeint. Von beidem ist das derzeit geltende System der Rundfunkfinanzierung weit entfernt. Verzerrt ist der Wettbewerb zunächst im Verhältnis zwischen Privatfunk und den öffentlich-rechtlichen Anstalten: Während der Privatfunk ausschließlich auf Einnahmen durch Werbung angewiesen ist, finanzieren die öffentlich-rechtlichen Anstalten sich sowohl durch die Zwangsgebühr des Rundfunkbeitrages als auch durch Werbung. Zur Erinnerung: In seinem für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erstellten Gutachten hatte der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Paul Kirchhof zu erwägen gegeben, ob die Anstalten nicht bei Finanzierung durch den Rundfunkbeitrag dann auf Werbeeinnahmen verzichten sollten. Bekanntlich ist dieser leise Hinweis ungehört verhallt. Dies ist auch deshalb bedauerlich, weil ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk ohne Werbung sich nicht an der Jagd nach Quoten beteiligen müsste; das Diktat der Quote hat 2015 selbst der langjährige ZDF-Journalist Wolfgang Herles in seinem Buch "Die Gefallsüchtigen" schonungslos kritisiert: "Wir - die einzigen, die davon befreit sind, gefallsüchtig zu sein, denn wir kriegen ja Gebühren, weil wir einen gesellschaftlichen Auftrag haben, jagen nur noch der Quote nach", so Herles.

Die Medienlandschaft besteht aber nicht nur aus öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Privatfunk sondern zu einem ganz wichtigen Teil auch aus Zeitungen und Zeitschriften; diese stehen nicht nur in einem täglichen, harten Wettbewerb untereinander sondern eben auch im Wettbewerb mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - einem Wettbewerb, der wegen der (meines Erachtens sogar verfassungswidrigen) Zwangsgebühr zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks alles andere als fair ist.

Welche Alternativen zum derzeitigen Finanzierungssystem bieten sich an? Der Verzicht auf Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist bereits im Gutachten Kirchhof angesprochen. Eine andere, saubere Lösung wäre die Umstellung auf das Pay-TV-System für alle Rundfunksendungen. In diesem Fall könnten Überlegungen angestellt werden, wie das Pay-TV-System durch öffentliche Zuwendungen für einen Kernbereich von Sendungen im öffentlichen Interesse ergänzt werden sollte.

Die üblichen Floskeln "Grundversorgung", "öffentlicher Programmauftrag" und (neuerdings) "Demokratieabgabe", mit denen die Rundfunkzwangsgebühr zeitweise umschrieben wird, werden bei Unterhaltungssendungen und bei Krimis zu einem Schauspiel aus Absurdistan. Die Zwangsgebühr muss schließlich auch deshalb fallen, weil sie auch diejenigen Menschen zur Finanzierung von Rundfunksendungen zwingt, deren politische Meinung derjenigen des Zahlenden nicht entspricht.

Ingo von Münch (83) ist Jurist, Publizist und FDP-Politiker aus Berlin. Als Professor für Verfassungs- und Völkerrecht lehrte er an der Universität Hamburg.

(RP)
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