Rösrath Wolf jagt vor den Toren Kölns

Rösrath · Zwei getötete Ziegen in Rösrath gehen auf das Konto eines Jungwolfs. Das hat die Analyse von DNA-Proben ergeben. Es ist in NRW bisher der westlichste Nachweis des tierischen Räubers. Die Schäfer in der Region sind beunruhigt.

Zurück ist der Wolf in Deutschland zwar schon länger, aber allmählich wagt er sich auch in den Westen des Landes vor. Nun ist der Nachweis erbracht worden, dass eines der Raubtiere in der Gemeinde Rösrath im Rheinisch-Bergischen Kreis am 19. April zwei Ziegen gerissen hat. Das Senckenberg-Forschungsinstitut in Hessen konnte von den Bissrändern entnommene DNA-Proben einem Jungwolf aus einem Cuxhavener Rudel zuordnen. So weit westlich, dazu noch nahe einer Großstadt wie Köln, ist bisher kein Wolf nachgewiesen worden. "Das stimmt zwar", sagt Peter Schütz, Sprecher des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv), "es kommt aber für uns nicht ganz unerwartet."

Rund 350 bis 400 Wölfe, aufgeteilt auf 40 Rudel beziehungsweise Paare, leben mittlerweile wieder in Deutschland. In NRW gibt es bisher - den aktuellen Befund eingeschlossen - neun gesicherte Nachweise, allesamt Tiere auf Wanderschaft betreffend. Angesiedelt hat sich im Land noch keiner der Räuber. NRW gilt daher als Wolfserwartungsland, im Gegensatz zu Wolfsländern wie Niedersachsen und Sachsen-Anhalt - dieser Begriff wird verwendet, wenn sich ein Wolf mindestens sechs Monate dort aufhält und vielleicht ein Rudel gründet. Auch bei dem Exemplar in Rösrath handelt es sich um einen Streuner. Vor allem Jungwölfe ziehen herum und legen dabei bis zu 60 Kilometer pro Tag zurück, in der Hoffnung, auf ein Rudel oder einen Geschlechtspartner zu treffen. "Dass sie damit im Westen keinen Erfolg haben, können sie ja nicht wissen", sagt Schütz.

Der Rösrather Jungwolf ist bestens bekannt. Er stammt aus einem Rudel in Cuxhaven und wurde bereits im Kreis Lippe und im Kreis Warendorf nachgewiesen. Von Rösrath ist er zunächst nach Dierdorf in Rheinland-Pfalz gewandert. Über seine nächsten Stationen kann man nur spekulieren. "Die Tiere ziehen nicht unbedingt in eine Richtung", sagt Schütz. Und je besiedelter das Gebiet, desto größer das Risiko für die Räuber, auf der Strecke zu bleiben. Haupttodesursache bei Wölfen sind Krankheiten wie Räude und der Straßenverkehr.

Dennoch herrscht bei vielen Menschen Verunsicherung. Gerade Schäfer fürchten Verluste. Markus Barkhausen vom Schafzuchtverband NRW beklagt, das Land fördere und schütze zwar die Rückkehr der Wölfe, lasse die Schäfer aber meist allein. Ein Züchter aus Westfalen würde seit Monaten auf die ihm zugesagte Entschädigung warten. Zur jüngsten Herdenschutztagung des Verbandes in Warburg strömten rund 200 Züchter aus ganz NRW. "Das zeigt, wie viel Druck im Kessel ist", sagt Barkhausen.

Das Land NRW hat in Abstimmung mit anderen Bundesländern einen Wolfsmanagement-Plan aufgestellt, der helfen soll, Konflikte zu entschärfen. Momentan werden Schäfer entschädigt, wenn der Nachweis erbracht wird, dass ein Wolf ihre Tiere gerissen hat. Siedeln sich die Räuber an, werden auch Präventionsmaßnahmen wie Herdenschutzzäune vom Land übernommen. Allerdings: Mehr als 90 Prozent aller gerissenen Tiere gehen auf das Konto von Hunden. Auch bei den drei getöteten und sieben verletzten Schafen in der Dingdener Heide Anfang Mai werden wildernde Hunde als Täter vermutet - ein Ergebnis der DNA-Proben liegt noch nicht vor.

Für den extrem unwahrscheinlichen Fall, dass man als Spaziergänger einem Wolf begegnet, rät das Landwirtschaftsministerium, nicht wegzulaufen, sondern sich langsam zurückzuziehen. Auch sollte man nicht versuchen, Wölfe anzufassen oder zu füttern. Vertreiben könne man die Tiere, indem man sie laut anspricht und beispielsweise in die Hände klatscht. Allerdings sind Wölfe sehr scheu. Was nicht bedeutet, dass es ihnen nicht irgendwann gelingt, den Rhein als natürliche Grenze im Westen zu überwinden. "Das ist eine rein statistische Abwägung", sagt Schütz. "Irgendwann wird das der Fall sein - die Wildkatze hat es ja auch geschafft."

(RP)
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