Musik aus tiefster Geigerseele

Klassik Die einen kamen aus dem hohen Norden nach Deutschland, um hier tief in die Tradition der klassischen Musik einzudringen und die letzten Weihen zu empfangen. Dann kehrten sie zurück, kümmerten sich um die authentische Musik ihrer Heimat und um die Art, wie sie selbst als Komponisten in dieser nationalmusikalischen Thematik eine eigene und unverwechselbare Stimme fanden. Für Hjalmar Borgstrøm war das nicht der richtige Plan.

Klassik Die einen kamen aus dem hohen Norden nach Deutschland, um hier tief in die Tradition der klassischen Musik einzudringen und die letzten Weihen zu empfangen. Dann kehrten sie zurück, kümmerten sich um die authentische Musik ihrer Heimat und um die Art, wie sie selbst als Komponisten in dieser nationalmusikalischen Thematik eine eigene und unverwechselbare Stimme fanden. Für Hjalmar Borgstrøm war das nicht der richtige Plan.

Der 1864 in Oslo geborene Komponist ging 1887, als 23-Jähriger, nach Leipzig, aber er dachte nicht daran, sich die zentraleuropäischen Errungenschaften alsbald wieder abzuschminken. Er war infiziert von der Macht der Programmmusik, er genoss das volle Programm von Johannes Brahms, Franz Liszt und Richard Wagner und stand einem norwegischen Idiom fern (wie es etwa, selbstverständlich auf wundervollem Niveau, bei Edvard Grieg der Fall gewesen war).

Und als Borgstrøm zurück war in Oslo, da fiel der Erfolg seiner Musik nur matt aus: Man sehnte sich zumal nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nach Esprit, nicht nach Erdenschwere. Norwegen schaute nach Frankreich, und Borgstrøm musste sein Geld als Musikkritiker verdienen. In dieser Profession war er allerdings hoch angesehen, er galt als Instanz. Dabei ist das wundervolle Violinkonzert G-Dur op. 14 aus dem Jahr 1914 ein echter Knüller, und man kann dem schwedischen Label BIS dankbar sein, dass er das Werk jetzt in Bestbesetzung hat aufnehmen lassen.

Den Solopart spielt die fabelhafte junge norwegische Eldbjørg Hemsing: Sie prunkt mit einer glänzenden Technik, ihr Ton ist leuchtend, hat Schmelz - und über allem thront die Grandezza einer freien Geigerseele. Die 27-jährige Künstlerin, von der man noch sehr viel hören wird, holt das Werk, das man wunderbar unbeschwert hören kann, sozusagen zurück ins Repertoire. Dabei helfen die Wiener Symphoniker unter Leitung von Olari Elts meisterlich mit.

Abgerundet wird diese SACD durch eine nicht minder beeindruckende, die Kanten und Abgründe der Musik einfangende Wiedergabe des Violinkonzerts Nr. 1 a-Moll von Dmitri Schostakowitsch. Wolfram Goertz

(RP)
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