Wetterphänomen in Südamerika mit globaler Auswirkung El Niño - das ungeliebte Christkind

Düsseldorf · Alle drei bis sieben Jahre tritt das im 16. Jahrhundert von peruanischen Fischern "El Niño" getaufte Wetterphänomen auf. Aus bislang nicht vollständig geklärten Gründen brechen die Passatwinde zusammen. Das üblicherweise warme Wasser vor der Küste Südamerikas schwappt ostwärts. Das hat weitreichende Auswirkungen.

Nicht jedes Christkind wird freudig begrüßt: die Fischer von Peru haben momentan mit dem Klimaphänomen El Niño zu kämpfen, bei dem warmes Oberflächenwasser des Pazifik das kalte und nährstoffreiche Auftriebswasser vor der peruanischen Küste verdrängt - und damit auch die Fische.

Die mit El Niño verbundene Meeresspiegeländerung kann vom Satelliten aus mit Radarhöhenmessung beobachtet werden. Geowissenschaftler Tilo Schöne vom Deutschen Geoforschungszentrum GFZ hat aus Satelliten-Daten eine Animation der zeitlichen Änderungen des Meeresspiegels im Pazifik erzeugt, in der man das Klimaphänomen deutlich erkennt. Alle zehn Tage erfolgt eine Zusammensetzung der Radarmessungen zu einem neuen Bild. Die Animation ist also eine Zeitrafferaufnahme des pazifischen Meeresspiegels von Januar bis Dezember 2015.

Zu Beginn dieses Jahres zeigt sich der Pazifik ungefähr so, wie es dem langjährigen Mittel entspricht. Seit der Jahresmitte baut sich aber langsam ein Meeresspiegelanstieg auf, der vor allem temperaturbedingt ist: das Meerwasser dehnt sich aufgrund seiner angestiegenen Temperaturen im mittleren bis östlichen Pazifik aus. In der Animation erscheint dieses rot.

Wetterkapriolen im Dezember 2015
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Weltweite Wetterkapriolen im Dezember 2015

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Foto: ap

Am Ende des Films, im Dezember 2015, zeigt sich die aktuelle Situation im mittleren und östlichen Pazifik mit einem über 40 Zentimeter gegenüber dem dem langjährigen Mittel erhöhten Meeresspiegel. Das Maximum des diesjährigen El Niño wird für Januar/Februar 2016 erwartet.

El Niño ist das wohl am besten bekannte natürliche Klimaphänomen und zugleich der stärkste Mechanismus für Klimavariabilität auf der Erde. El Niño bestimmt, wie Luft und Wasser im Pazifik bis hin zum Indischen Ozean zirkulieren und führt damit zu außergewöhnlichen jahreszeitlichen Witterungen in den Tropen und darüber hinaus.

Im "Normalzustand" der atmosphärischen Zirkulation am pazifischen Äquator blasen der Nordost- und der Südostpassat einen Warmwasserberg im mittleren Pazifik zusammen, wodurch das kalte Auftriebswasser des Humboldtstroms vor Südamerika bis an die Oberfläche kommen kann. Für Fische auf Nahrungssuche ist das ideal, für die Fischer ebenso.

Wenn nun, aus bisher immer noch nicht vollständig geklärten Gründen, die Passatwinde zusammenbrechen, schwappt der Warmwasserberg ostwärts, bis vor die südamerikanische Westküste.

Das geschieht in unregelmäßigen Rhythmen alle drei bis sieben Jahre und erreicht seinen Höhepunkt um Weihnachten. Daher tauften die peruanischen Fischer diese Klimaschwankung "El Niño", das Christkind.

El Niño hat weitreichende Auswirkungen. Starkregen, Überschwemmungen und hohen Meerwassertemperaturen im Ostpazifik stehen xtreme Trockenheit und Waldbrände in Indonesien und Australien gegenüber.

Auch in der Antarktis finden sich Kopplungen mit El Niño: In entsprechenden Jahren findet sich erhöhter Niederschlag in der Westantarktis und unterdurchschnittlicher Schneefall auf der Antarktischen Halbinsel. Und Kalifornien kann auf den dringend benötigten Regen hoffen.

Das Christkind könnte zudem ein ungebetener Dauergast werden: Ein internationales Forscherteam unter Leitung des Geomar-Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat bereits 2014 davor gewarnt, dass sich ein permanentes El-Nino-Ereignis entwickeln könnte.

"Die deutliche Mehrheit der Modelle sagt voraus, dass wir durch die Klimaerwärmung am Ende dieses Jahrhunderts einen leichten, mehr oder weniger dauerhaften El-Nino-Zustand bekommen werden", erklärte der Hauptautor der Studie, der Meteorologe Tobias Bayr damals in Kiel.

(csr)
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