Gastbeitrag Manfred Rekowski Gott ist nahe

Das größte Geschenk an Weihnachten ist die Hoffnung, dass die Welt kein gottverlassener Ort ist. Das Fest erzählt vom Kern des Glaubens.

Endlich Weihnachten. Mit Baum, Kerzen, Gottesdienstbesuch, Musik und glänzenden Kinderaugen. Für viele ist das Christfest wunderbar. Auch für mich. Ich freue mich auf den Gottesdienstbesuch und auf die gemeinsame Zeit mit Menschen, die ich liebe. Und ich freue mich auch über Geschenke. Ich lasse mich gerne beschenken.

Am meisten freue ich mich aber an dem Geschenk, um das es an Weihnachten geht: Ich lasse mich mit der Hoffnung beschenken, dass unsere Welt kein gottverlassener Ort ist. Denn genau darum geht es, dass Gott Mensch geworden ist.

"Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging" - so fängt die biblische Geschichte im Evangelium nach Lukas von der Menschwerdung Gottes an. Gott kommt als Mensch zur Welt - im Jesuskind, das Maria in einem Stall zur Welt bringt. Das gehört für mich zum Kern meines Glaubens: Gott wird Mensch. So kommt er uns ganz nahe. Er lässt uns nicht alleine, komme, was wolle. Das ist sein Weihnachtsgeschenk an uns.

Aber für manche sind diese Tage eher bedrückend. Weil niemand da ist, der mit ihnen feiert. Weil die schönen, glücklichen Weihnachtsfeste vergangener Tage nur noch schmerzhafte Erinnerung sind. Weil sich ihr Leben so anfühlt, als ob Gott gerade nicht zu ihnen gekommen ist. Denen lege ich eine Telefonnummer ans Herz: 0800/1110111. Das ist die Nummer der Telefonseelsorge.

Jedes Jahr besuche ich an Heiligabend Menschen, die auch an den Feiertagen für andere da sind, und danke ihnen für ihren Einsatz. Diesmal bin ich bei der Telefonseelsorge in Wuppertal. Rund um die Uhr und an jedem Tag sind hier Menschen erreichbar, die ein offenes Ohr haben für Kranke, für Einsame, für Verzweifelte, für Lebensmüde. Kein Thema ist ihnen fremd. In meiner Heimatstadt sind es 82 gut ausgebildete Frauen und Männer, evangelische wie katholische, die diesen Dienst ehrenamtlich tun. Sie haben im vergangenen Jahr 15.000 Anrufe angenommen. Auch an den Weihnachtsfeiertagen sind sie erreichbar. Sie helfen, trösten, hören zu - nicht nur in Wuppertal.

Für mich hat die Telefonseelsorge viel mit Weihnachten zu tun: In ihrem Dienst nimmt die Liebe Gottes zu uns Menschen Gestalt an - so wie sie im Jesuskind Gestalt angenommen hat, im Stall von Bethlehem.

Unsere Welt ist kein gottverlassener Ort. Gott lässt uns nicht alleine. Diese gute Weihnachtsbotschaft gilt allen - den Fröhlichen wie den Betrübten: Gott ist nahe! Frohes Fest!

Der Autor Manfred Rekowski ist rheinischer Präses und schreibt regelmäßig für diese Zeitung. Ihre Meinung? Schreiben Sie ihm: kolumne@rheinische-post.de.

(RP)
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