Berlin Geschichte in Bildern

Berlin · Ohne seine vielfältige Kunstszene wäre Berlin nicht, was es ist. Zurzeit lohnt sich ein Ausflug in die Hauptstadt ganz besonders für Freunde der Fotografie.

Heute gibt es Internet, Fernsehen und Smartphones. Am Anfang des 20. Jahrhunderts stillten Massenblätter mit Schwarz-Weiß-Fotos die Sehnsüchte des Publikums. Eine Berliner Ausstellung zeigt nun die Anfänge der Pressefotografie. Damals, 1883, erlebte Deutschland eine Revolution. In der Leipziger "Illustrierten Zeitung" erschien die Darstellung eines Gralsbechers - als Foto. Bis dahin hatten Zeitungen oder Zeitschriften die Wirklichkeit in Holzschnitten oder Zeichnungen wiedergegeben, von nun an übernahm ihr Spiegelbild diese Aufgabe. Der Siegeszug der Fotografie war unaufhaltsam. Die Möglichkeit der Autotypie, des Rasterdrucks von Fotos, mit dem auch Fotografien auf Zeitungspapier gedruckt werden konnten, ließ aus Illustrationen Fotos werden und aus Illustrierten Fotomagazine.

Ferne Länder und aufregende Filmstars, Rennautos, Flugzeuge und der Zeppelin - mit ihren Fotos erreichte die Berliner Illustrierte Zeitung (BIZ) in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Millionenpublikum - und revolutionierte den Journalismus. Ende der 30er Jahre verkaufte das Blatt fast zwei Millionen Exemplare. Die BIZ-Reporter waren weltweit unterwegs. In Berlin baute der Ullstein-Verlag so eines der bedeutendsten Bildarchive auf. Die einzigartigen Originalabzüge und Glasnegative der Sammlung Ullstein überstanden den Bombenkrieg nur, weil sie rechtzeitig ausgelagert wurden.

Das Deutsche Historische Museum in Berlin zeigt nun gemeinsam mit Ullstein das erste halbe Jahrhundert der Pressefotografie, also deren Pionierzeit. Zu sehen sind die ersten Paparazzi-Bilder, etwa von der Kaiserabdankung - der Fotograf hatte sich in einem Heuwagen versteckt. Oder von Friedrich Ebert und Gustav Noske: ahnungslos in Badehosen in der Ostsee. Dieses Titelbild löste damals einen Sturm der Entrüstung aus, anders als die fidelen Tanzpaare in züchtiger Badekleidung im Strandbad Wannsee, die den programmatischen Unterhaltungswert und die Auflage der "BIZ" noch steigerten. Immer neue Themen kamen hinzu, aus den Theatern, Filmstudios, Sportstadien, aber auch alltägliche Straßenszenen und die Modefotografie, Sozialreportagen, aufwendige Reisereportagen aus aller Welt und natürlich die Politik.

Die Szenen eines halben Jahrhunderts sind zurückhaltend inszeniert, nur ab und an werden die Bilderreihen im Originalformat von größeren Ausschnitten unterbrochen: etwa von Bildern des kühnen Philipp Kester auf einem Baugerüst in New York, als er wagemutige New Yorkerinnen bei einer Klettertour auf einem geländerlosen Stahlgerüst hoch über den Straßen von Manhattan fotografierte. Statt Schutzhelm tragen die Damen raumgreifende Hüte, die Hand eines ebenfalls freistehenden Bauarbeiters hätte sie kaum halten können.

Auch andernorts in Berlin wird zurzeit große Fotografie ausgestellt, etwa im Museum für Fotografie der der Helmut Newton Foundation. Das Haus zeigt Enthüllungsgeschichten und verbindet dazu die Werke von Mario Testino und Helmut Newton. Kaum jemand hat Menschen so schön entkleidet wie die beiden Starfotografen. Der 62-jährige Testino hat unter dem Titel "Undressed" eine Auswahl seiner teilweise unveröffentlichten Studioporträts mit Mode- und Aktaufnahmen kombiniert. Der gebürtige Peruaner gehört seit vielen Jahren zu den wichtigsten Fotografen der Mode- und Promiszene. Er fotografierte Supermodels wie Gisele Bündchen und Kate Moss ebenso wie den britischen Prinzen William und seine Frau Kate zu deren Verlobung. Private Bilder von Promi-Poolpartys, die Jean Pigozzi in der Nähe von Cannes gemacht hat, gibt es im Museum für Fotografie ebenfalls zu sehen.

Die Galerie Camera Work nahe dem Bahnhof Zoo zeigt eine Hommage an den Schweizer Modefotografen Hans Feurer. Die Ausstellung umfasst mehr als 25 teils großformatige Arbeiten des Künstlers, der neben Peter Lindbergh und Helmut Newton zu den einflussreichsten deutschsprachigen Modefotografen der Gegenwart zählt. Der Schweizer Modefotograf ist seit einem halben Jahrhundert international erfolgreich und setzte bereits Grace Jones und Iman ins richtige Licht.

Im Ostflügel des Museums Hamburger Bahnhof ist zurzeit eine Einzelausstellung des Bildhauers Raimund Kummer zu sehen, die gerade bis zum 29. Oktober verlängert wurde. Sie ist somit auch während der Berlin Art Week im September für die Besucher geöffnet. "Sublunare Einmischung" zeigt vier raumgreifende plastische Werke aus verschiedenen Phasen des Künstlers. Die zwischen 1979 und 2017 entstandenen Arbeiten befassen sich mit dem Thema des Sehens und werden erstmals zusammen in einer Werkschau präsentiert.

Und auch die Fahrt raus aus Berlin lohnt sich: Im erst dieses Jahr eröffneten Museum Barberini in Potsdam widmet sich eine Ausstellung "Amerikas Weg in die Moderne", der Entwicklung der amerikanischen Kunst vom Impressionismus bis zum abstrakten Expressionismus. Gezeigt werden Werke von Edward Hopper, Georgia O´Keeffe und Mark Rothko. Mit den Meisterwerken aus der Philipps Collection, Washington, D.C., zeigt das Museum dabei eine der wichtigsten Privatsammlungen der USA.

(dh)
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