Fürst Pücklers Paradies

Bis heute begeistert Fürst Pückler mit seinen spektakulären Gärten. Ein Ausflug in die Parkanlagen vonMuskau, Branitz und Babelsberg lohnt sich.

Betritt man eines der Gewächshäuser von Schloss Muskau, gilt es, den Atem anzuhalten. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch, die Temperatur auch. In dieser tropischen Umgebung gedeihen die Lieblingsfrüchte von Fürst Hermann von Pückler-Muskau. Seine Durchlaucht, geboren 1785, überließ nichts dem Zufall. Die Damen der höheren Gesellschaft beschenkte er mit Ananas aus der Eigenproduktion statt mit Blumen. Damit lag er im Trend der Zeit.

"Das hatte nicht nur mit dem Geschmack zu tun", sagt Cord Panning, Geschäftsführer der Stiftung Fürst-Pückler-Park Bad Muskau. "Die Früchte strahlten Glanz aus und wurden nur selten gegessen. Während der langen Reise auf Handelsschiffen reiften sie nicht nach. Deswegen baute Pückler seine eigenen Plantagen an. Aber auch die bekamen nur selten die Wärme, die sie brauchten." Seine Zeitgenossen machten sich über das Hobby lustig. Das Faible für moderne Parkgestaltung, das er sich von den Engländern abgeschaut hatte, brachte dem Fürsten aber Respekt ein.

"Mehr hätte er aus dem Neißetal nicht herausholen können", meint Panning. Er habe der Landschaft keine Gewalt angetan, auch wenn er ihr seinen Willen aufgezwungen hat. Alle Gehölze stammen aus der hiesigen Gegend der Lausitz. Der sandige Boden musste dagegen ausgetauscht werden. In seiner bis heute gültigen Garten-Bibel "Andeutungen über Landschaftsgärtnerei" beschreibt Pückler den Park zwischen Cottbus und Hoyerswerda als sanft gebändigten Bühnenraum mit wechselnden Stimmungen, in den man wegen der schieren Größe von 800 Hektar am besten per Pferdekutsche eintauchen sollte.

Überschreitet man mitten im Park die entlang der Neiße verlaufende Grenze nach Polen, pflegen Waldarbeiter die vielen neu angelegten Pfade und Aussichtspunkte. Ein wahres Wunder der Gartenpflege, denn über Jahrzehnte glich dieser Teil des Parks, der dem Forst übergeben wurde, einem verwilderten Dschungel. Von der polnischen Seite her bietet sich heute ein einzigartiges Panorama auf das Kunstwerk eines "Naturmalers" an, wie sich Pückler selbst nannte.

Der Ruf des begnadeten Parkomanen sprach sich schon zu Pücklers Lebzeiten in der Aristokratie herum. Nicht wenige kamen nur, um das grün-blaue Paradies in Augenschein zu nehmen und nicht etwa, um das Fürst-Pückler-Eis zu essen, das ihm bis heute hartnäckig nachhängt. Seine Gäste verköstigte der Exzentriker erst gegen Mitternacht, wenn es die Gartenarbeit erforderte. War die Kaiser-Gattin Augusta mit dem Zustand ihrer Sommerresidenz in Babelsberg unzufrieden, eilte er herbei, um den Park mit "Pfannenkuchenbeeten" zu verschönern.

Seit der Wende hat sich auf dem Jahrzehnte vernachlässigten Gelände in Babelsberg einiges getan. Gerüste an allen Ecken des neogotischen Schlosses lassen keinen Zweifel daran, dass man dem Kulturdenkmal zu neuem Leben verhelfen möchte. Da, wo zu DDR-Zeiten ein Maschendrahtzaun und eine Hundelaufanlage Menschen vor der Flucht abschrecken sollten, erblühen bereits die typischen Pückler-Blumenkörbe und Rosengärten in neuer Pracht. Der weite Blick auf die Glienicker Brücke, Zeugin unzähliger Agentenaustauschaktionen, verschlägt den Atem. "In Babelsberg waren die größten Gartenkünstler jener Zeit tätig: Lenné und Pückler", sagt Gartendirektor Michael Rohde. Lenné gründete die erste Fachhochschule für Gartenkünstler und hinterließ in unzähligen preußischen Gärten seine Spuren. "Pückler wollte Lenné unbedingt übertreffen", sagt Rohde. "Er nutzte in Babelsberg die Erfahrungen aus seinen bisherigen Parkschöpfungen, integrierte hier aber auch die Stadt ins Blickfeld des Bergparks." Und er nahm noch im hohen Alter die Umgestaltung der dritten Anlage von Branitz in Angriff. Gedacht war sie nicht zuletzt auch für die eigene Bestattung.

Zu finden ist darum ein 16 Meter hoher Grab-Tumulus im Branitzer Park bei Cottbus, auf dessen Hängen wilder Wein wächst. 622 Hektar ist sie groß, abgetrotzt störrischen Bauern aus der Umgebung, die Pückler erst auszahlen musste, bevor er den extrem sandigen Boden in eine dreidimensionale "Bildergalerie" verwandeln konnte. Mit einer Gondel kommt man seinem Grab am nächsten, auch wenn der "Gondoliere" sichtlich Mühe hat, in den flachen Wasserläufen voranzukommen. Auch in dem barocken Branitzer Schlossmuseum ist Pücklers umtriebiger Geist zu spüren. Etwa in einem Zimmer, das mit Mitbringseln aus dem Orient aufwartet. Die Original-Ausstattung entführt in eine Zeit, in der die weite Ferne noch das Versprechen von Exotik und Gefahr in sich barg. Wie bei seinen Parkanlagen scheute Pückler auch hier keine Kosten, In seinem Tagebuch fasste er sein Credo rückblickend zusammen: "Kunst ist das Höchste und Edelste im Leben, denn es ist Schaffen zum Nutzen der Menschheit. Nach Kräften habe ich dies mein langes Leben hindurch im Reiche der Natur geübt."

(RP)
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