Claudio Abbados letztes Berliner Konzert

Klassik-CD Zu den untergründlichen Geheimnissen des Musiklebens zählen die emotionalen Beziehungen zwischen Orchestern und ihren Dirigenten. Mancher wird zu Lebzeiten von den Musikern gehasst, im Nachhinein von ihnen vergöttert. Mancher gilt als eher lauer Taktschläger, wird später aber als genial identifiziert. Bei Claudio Abbado war's nicht anders. Abbado galt den Berliner Philharmonikern als zu nett, zu sympathisch, er sehnte sich nach demokratischen, sanften Strukturen, doch das Orchester wollte einen harten Chef, der es herrisch behandelte und nach vorne brachte.

Klassik-CD Zu den untergründlichen Geheimnissen des Musiklebens zählen die emotionalen Beziehungen zwischen Orchestern und ihren Dirigenten. Mancher wird zu Lebzeiten von den Musikern gehasst, im Nachhinein von ihnen vergöttert. Mancher gilt als eher lauer Taktschläger, wird später aber als genial identifiziert. Bei Claudio Abbado war's nicht anders. Abbado galt den Berliner Philharmonikern als zu nett, zu sympathisch, er sehnte sich nach demokratischen, sanften Strukturen, doch das Orchester wollte einen harten Chef, der es herrisch behandelte und nach vorne brachte.

Später, nach seinem Abschied, haben die Berliner Abbado umarmt, als wollten sie nicht mehr von ihm lassen - zumal als sie erkennen mussten, dass Nachfolger Simon Rattle künstlerisch kein Gewinn war. Vor diesem Hintergrund kann man neue CD der Berliner Philharmoniker hören, die sie ihrem ehemaligen Chefdirigenten auf ihrem Label "Berliner Philharmoniker Recordings" gewidmet haben. "The last concert" - unter diesem pathetischen Titel läuft jenes letzte gemeinsame Konzert vom Mai 2013, dem sicher noch weitere gefolgt wären, hätte Abbados Tod im Januar 2014 nicht alle Pläne zunichte gemacht.

Das Programm des Abends war aber für den dialektisch geschulten Musiker Abbado symptomatisch, deshalb besitzt es tatsächlich den Charakter einer Unterschrift. Im ersten Teil gab es die Schauspielmusik zum "Sommernachtstraum", im zweiten Teil die "Symphonie fantastique" von Hector Berlioz. Der Hörer merkt, wie Abbado mit dem wunderbaren Berliner Orchester die beiden Temperamente seines Alters mischt: zu einem die nervöse Leidenschaft, zum anderen die Gelassenheit.

Davon profitiert vor allem der Berlioz, der sich nicht als Pandämonium erweist, sondern als präzise musikalische Skizze eines Albtraums. Abbado und das Orchester wirken wie ein Herz und eine Seele, die Musiker setzen vorbildlich um, was Abbado will. Zu dieser Erkenntnis kommt man auch bei Betrachtung der beiliegenden Blu-Ray-DVD, die den kompletten Konzertmitschnitt bietet. Wolfram Goertz

(RP)
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