Hilfe für Studis von Studis Offene Ohren für studentische Sorgen

Die sogenannten Nightlines sind Zuhörtelefone, bei denen Studierende mit anderen Studenten über Probleme und Sorgen sprechen können.

 Während andere schlafen, kümmern sich die Nightliner um verzweifelte Studenten.

Während andere schlafen, kümmern sich die Nightliner um verzweifelte Studenten.

Foto: Thinkstock/AntonioGuillem

Dienstagabend, 21 Uhr: Der Tag neigt sich dem Ende entgegen, die meisten Studenten sind froh, endlich für ein paar Stunden abschalten und schlafen zu können. Nicht so die zwei Ehrenamtlichen der Nightline Münster, die an diesem Abend Dienst haben. Gemeinsam sitzen sie irgendwo in der Stadt und nehmen bis 1 Uhr Anrufe von Studierenden entgegen, die mit der Klausurphase überfordert sind, unter Ängsten oder Beziehungsstress leiden.

Die Nightline ist eine Art Zuhörtelefon von Studierenden für Studierende, die Idee stammt aus Großbritannien. In Deutschland gab es sie zuerst 1994 an der Universität Heidelberg. Der Münsteraner Ableger existiert seit 2007. Das Prinzip der Nightline ist ganz einfach: Die speziell für ihre Aufgabe geschulten Mitarbeiter nehmen Anrufe entgegen, hören zu und fassen das Gesagte zusammen. "Wir möchten keine expliziten Ratschläge geben, denn wir kennen ja oft nur einen Ausschnitt des Problems. Uns ist wichtiger, dass der Anrufende sich bei uns sein Problem von der Seele reden kann", sagt Sonja Duhe, Sprecherin der Münsteraner Nightline.

Drei Jahre hat die Studentin selbst nachts Telefondienst gehabt, mittlerweile ist sie nur noch für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Die Zeit war für sie jedoch eine schöne Erfahrung. Vor allem die Arbeit im Team hat ihr immer Spaß gemacht. "Man ist ja dort nicht allein, sondern hat einen Dienstpartner mit dabei. Wenn gerade niemand anruft, kann man sich einen Tee kochen oder mit dem anderen plaudern", sagt Sonja, die an den Telefonaten immer große Freude hatte. "Außerdem ist es toll, was für nette Leute im Team arbeiten und wie aufrichtig sich untereinander geholfen wird."

Während ihrer aktiven Zeit bei der Nightline wussten weder ihre Kommilitonen noch ihre Freunde von ihrem Ehrenamt. "Anonymität auf beiden Seiten des Telefons ist eines unserer wichtigsten Prinzipien. Es wäre für Anrufende auch ein blödes Gefühl, wenn sie Angst haben müssten, den Nightliner am nächsten Tag in der WG oder in der Mensa zu treffen", erklärt Sonja. Eine Ausnahme machen einige Nightliner manchmal bei ihrem Partner. Schließlich wäre es komisch, wenn man regelmäßig sagen würde "Ich verschwinde mal eben von 21 bis 1 Uhr, darf aber nicht sagen, wo ich bin."

Da Anonymität an erster Stelle steht, wissen die Nightliner auch nicht genau, welchen Hintergrund die Anrufenden jeweils haben. Sogar die Telefonnummer wird ihnen nicht angezeigt. Etwa zwei Drittel der Anrufer sind laut Sonja Duhe männlich. Das habe sich über die Jahre immer wieder gezeigt. Die Semesteranzahl sei jedoch bunt durchgemischt. "Erstsemester rufen vielleicht an, weil sie sich mit den universitären Strukturen und den Prüfungen am Anfang total überfordert fühlen. Ältere Semester hinterfragen ihr Studium manchmal oder sind sich unsicher, was ihre berufliche Zukunft anbelangt", meint die Sprecherin der Nightline Münster. Im Endeffekt ist es den Nightlinern aber auch egal, wer genau anruft: Schließlich wollen sie jedem Anrufer einfach eine Hilfestellung zur Selbsthilfe geben.

Um die Arbeit der Zuhörtelefone in Deutschland zu verbessern, gibt es die Nightline Stiftung. Sie kümmert sich um die Vernetzung der Ehrenamtler und fördert die Entstehung neuer Nightlines in Hochschul-Städten. Interessenten, die an ihrem Hochschulstandort ebenfalls eine Leitung einrichten wollen, können sich dort melden. "Wir als Münsteraner Verein freuen uns aber sehr über die Zusammenarbeit und das dadurch entstandene Netzwerk. Denn es ermöglicht uns auch, unsere Arbeit im Austausch stetig weiterzuentwickeln", sagt Duhe.

(RP)
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