Studie Deutsche Brustkrebs-Befunde sind zuverlässig

New York · Eine amerikanische Studie bezweifelt die Kompetenz von Pathologen beim Mammakarzinom. In Deutschland aber sei auf die Befunde Verlass. Ein Überblick.

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Foto: dpa, Patrick Seeger

Der Pathologe als solcher ist durch das Fernsehen zu speziellem Ansehen gekommen - angeblich hat er meistens mit Leichen zu tun und muss abwegige Todesursachen ertüfteln. Die Wirklichkeit des Pathologen ist im wahrsten Sinne des Wortes näher an den Lebenden: Er sichert etwa eine Krebsdiagnose, in dem er eine Gewebeprobe unter dem Mikroskop untersucht und dem behandelnden Onkologen genau über Art, Typ, Struktur oder erwartbaren Verlauf der Krankheit informiert. Auf die Ergebnisse des Pathologen stützt sich jede Krebstherapie, zumal in modernen Zeiten, da häufig auch molekulargenetische Aspekte hinzukommen.

Aus den USA drang nun eine vorderhand ungute Botschaft an das Licht. Bei der Begutachtung von Biopsien der weiblichen Brust gab es in einer Studie im amerikanischen Ärzteblatt JAMA relativ stark abweichende Befunde von einer Expertenmeinung - vor allem in Übergangsstadien, in denen die Struktur des Gewebes verändert ist, aber noch keine eindeutige Krebswucherung erkennbar ist.

In der Brust sind dies die atypische duktale Hyperplasie (ADH) und das duktale Carcinoma in situ (DCIS). Bei der ADH sind die vergrößerten Drüsengänge mit veränderten Zellen angefüllt, die aber (noch) nicht zur Krebszelle mutiert sind. Beim DCIS sind eindeutig Krebszellen erkennbar, die aber noch nicht in die Umgebung der Drüsengänge eingedrungen sind. Bei einer ADH ist keine Therapie notwendig; es wird aber zu intensivierter Vorsorge geraten. Das DCIS wird operiert, aber weniger aggressiv als das invasive Mammakarzinom. Diese Unterschiede in der Behandlung machen es notwendig, dass die Diagnosen des Pathologen zuverlässig sind. Eine Studie von Joann Elmore von der University of Washington in Seattle lässt daran jedoch Zweifel aufkommen. Die Forscher verschickten 240 Präparate an 115 Pathologen in acht Staaten, die vorher angegeben hatten, dass sie mit der Diagnose des Mammakarzinoms vertraut sind.

Am schwersten fiel den Pathologen die Diagnose der ADH. Hier kam es in 17 Prozent der Fälle zu einer Überinterpretation. Diesen Frauen würde zu einer unnötigen Operation geraten. In weiteren 35 Prozent erkannten die Pathologen die ADH nicht. Diesen Frauen würde dann nicht zu einer intensivierten Brustkrebsvorsorge geraten, was eine verspätete Brustkrebs-Diagnose zur Folge haben könnte.

Auch die Erkennung eines DCIS machte Schwierigkeiten. In 13 Prozent wurde diese Diagnose übersehen, was - nach dem weiteren Fortschreiten des Tumors - zu einer verspäteten Therapie führen könnte.

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Die Studienleiterin erklärt, dass die Fälle von ADH und DCIS in den zu Studienzwecken verschickten Gewebeproben häufiger versammelt waren, als sie in Wirklichkeit unter dem Mikroskop eines Pathologen liegen. Daraus könnte sich die Unsicherheit erklären.

Die Frage drängt sich auf, ob sich diese Ergebnisse auch auf Deutschland übertragen lassen. Prof. Tanja Fehm, Direktor der Düsseldorfer Universitäts-Frauenklinik, bezweifelt das: "Im Gegensatz zu den USA haben wir in unseren zertifizierten Brustzentren extrem hohe Qualitätsanforderungen mit sogenannten Ringversuchen und der Möglichkeit zur Zweitbefundung bei unklaren Fällen in der Pathologie. Diese Art von Zertifizierung und Qualitätsüberprüfung gibt es in den USA nicht. Aus diesem Grund sind insbesondere die USA und Deutschland nicht vergleichbar. Dort wird nun auch begonnen, Zertifizierungen zu etablieren. Deutschland ist hier sicher in einer Vorreiterrolle."

In Deutschland wird etwa ein Brustzentrum dann zertifiziert, wenn sämtliche Aspekte der medizinischen Versorgung der externen Nachprüfung eines unabhängigen Gremiums standhalten. Es ist eine Art freiwillige Gewerbeaufsicht und steckt seine Nase in alle Aspekte einer Krankenhausabteilung; eine Klinik, die eines seiner (Krebs-)Zentren zertifizieren lässt, genießt in der Branche hohes Ansehen, zumal es auf Transparenz setzt.

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Foto: Shutterstock.com/ Pop Paul-Catalin

Prof. Ulrike Nitz, Leiterin des Brustzentrums Niederrhein am Bethesda-Krankenhaus in Mönchengladbach, weist darauf hin, dass die Pathologen in Deutschland gerade mit den Fällen von ADH und DCIS sehr vertraut seien; sie träten ja als Folge des Mammografie-Screenings oft auf. "Der Screening-Pathologe wird in Deutschland regelmäßig geschult und verfügt rein durch die Anzahl der Untersuchungen über sehr große Erfahrung." Außerdem fänden Screening-Konferenzen statt, die die Befunde des Pathologen mit der Bildgebung (etwa Röntgen oder MRT) und dem postoperativen Ergebnis vergleichen.

Enrico Pelz, Pathologe in Viersen, glaubt ebenfalls nicht, dass die US-amerikanischen Ergebnisse auf Deutschland übertragbar seien. In den USA verlaufe die Pathologen-Ausbildung ganz anders, außerdem: "Wir absolvieren in festen Intervallen Weiterbildungen und nehmen am Qualitätsmanagement teil." Auch sei in Deutschland die Zusammenarbeit von Pathologen, Radiologen und Senologen (ärztlichen Brustspezialisten) intensiver als in den USA.

(RP)
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