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Seniorenstudium Erstsemester mit 60plus

Köln · Studieren im Alter ist beliebt wie nie. Sogar an der Deutschen Sporthochschule Köln pauken inzwischen Senioren. Der 63 Jahre alte Helmut Krumscheid ist einer von ihnen. Ein Schlaganfall brachte ihn zum Studium an der Sportuniversität.

 Helmut Krumscheid studiert mit 63 Jahren als Gasthörer an der DSHS.

Helmut Krumscheid studiert mit 63 Jahren als Gasthörer an der DSHS.

Foto: Endermann, Andreas

Manchmal muss einem erst das Schlimmste passieren, damit man das Beste für sich entdeckt. So war es bei Helmut Krumscheid. Im Jahr 2012 stellt sich sein Leben auf den Kopf, als der studierte Grafiker einen Schlaganfall erleidet. Sein Körper gibt dem permanenten Stress nach: Koma, Reha, Rollator. "Aber ich habe mich selbst hochgezogen aus dem Sumpf", sagt Krumscheid, ein ehemaliger Marathonläufer und Triathlet. "Alles mit meinem Sport." Neue Ziele hat er sich gesteckt. Und die führten ihn in einen Hörsaal. Zum Masterstudium an die Deutsche Sporthochschule in Köln.

Seine erste Anlaufstelle war ihr Büro. Christine Merschhemke-Hader koordiniert die Gasthörerschaft. Bei ihr erhalten die Senioren ihren Ausweis für die "Spoho" - und damit die Eintrittskarte zum Campus. Zwischen 50 und 60 Jahren seien die meisten alt. "Vor zehn Jahren waren es drei, vielleicht vier", sagt Merschhemke-Hader. Etwa 16 Senioren sind im laufenden Sommersemester 2016 eingeschrieben - als Studenten oder als Gasthörer. Mehr Männer waren es immer. "Frauen haben aber auch schon den Weg zu uns gefunden." Während das Studium eine abgeschlossene Ausbildung oder die Hochschulreife voraussetzt, ist die Gasthörerschaft frei zugänglich. "Einige haben vor Jahrzehnten Sport studiert und kommen zurück", sagt Merschhemke-Hader.

Zurück zum Campus, diesem Mikrokosmos, dem Spielplatz für Sportbegeisterte, der sich über das Gelände der Sporthochschule in Junkersdorf erstreckt. Und zurück zu dem stolzen Gefühl, geeignet zu sein, ein Teil dieser einzigen Sporthochschule im Land zu sein. 100 Euro pro Semester und den Großteil ihrer Freizeit ist das den Erstsemestern 60plus wert.

Dass seine Tochter vor zwei Jahren an die Sporthochschule will, gibt Helmut Krumscheid den Anstoß. Sie entscheidet sich gegen Köln, ihr Vater bleibt. Aus der sechsmonatigen Gasthörerschaft folgt nun das mittlerweile vierte Semester als Teilnehmer des Masterstudiengangs "Sport- und Bewegungsgerontologie" - mit Stundenplan, Theorie- und Praxiskursen.

Bei Johannes Berens (66) ist das etwas anders. Er entscheidet spontan, in welchen Vorlesungen er gastiert. Aktiver Sport ist für Gasthörer nicht vorgesehen. Turnhallen, das Stadion und das Schwimmbad darf er trotzdem benutzen. Als Jugendlicher ist Berens Fußballer, Tennisspieler und Leichtathlet zugleich. Viermal finisht er den Köln Marathon. Doch beruflich entscheidet sich Berens für den soliden Weg. Erst als im Herbst 2013 die Blätter von den Bäumen fallen, erfüllt er sich den Kindheitstraum Sportstudium - mit 63 Jahren. Und heute? Einmal die Woche ist der 66-Jährige aus Lohmar an der Uni. Vorlesungen, Sport treiben - und Mittagessen in der Mensa. Weil man nur dort ins Gespräch kommt "mit den jungen Leuten", sagt Berens. Kontakt sei in den vergangenen fünf Semestern sonst kaum entstanden. Berens bedauert das. Vielleicht auch die Studierenden, von denen sich der ein oder andere gewiss schon einmal die Nachfrage verkniffen hat: "Was machen Sie hier? Was treibt Sie an?"

Die Antwort darauf liegt nahe: Viele Senioren-Gasthörer sind im Sport zu Hause, engagieren sich seit Jahrzehnten in Vereinen. Sie sind einige dieser Vielen, die Sportdeutschland am Leben erhalten. Der "TSF Krahwinkel/Breidt" profitiert von Johannes Berens, weil er Neues aus der Sportwissenschaft in den Verein trägt. So hält es auch Helmut Krumscheid, der in seinen Reha-Kursen das Bindeglied zwischen Forschung und Praxis ist. Krumscheids Grafikstudium liegt Jahrzehnte zurück. Damals, in Aachen, das sei "deutlich entspannter" gewesen. So jedenfalls beschreibt er diese Muße, die dem Studentenleben längst abhandengekommen ist.

Die Sporthochschule bereite ihm trotzdem "Spaß ohne Ende". Das liege am lockeren Miteinander zwischen ihm, dem 63-Jährigen, und den 24 Kommilitonen, die im Durchschnitt Ende 20 sind. Er gönnt sich aber den "Luxus", sich Zeit zu nehmen. Einen anerkannten Abschluss können die Senioren sowieso nicht machen. Es ist einmal mehr dieses "Dabeisein", das sie motiviert. Also alles wie immer, in der Welt des Sports. "Den Doktortitel mache ich aber nicht mehr!", sagt er. Warum eigentlich nicht? Dann wäre Krumscheid 70.

(ball)
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