Förderung Mehr Bafög für weniger Empfänger

Düsseldorf · Die aktuelle Förderstatistik wirft Fragen zur Bildungsgerechtigkeit in Deutschland auf. Immerhin profitieren Schüler und Studenten nun von einem satten Bafög-Plus.

Knapp drei Milliarden Euro hat sich Vater Staat das Bafög für Schüler und Studenten im Vorjahr kosten lassen. Mit dem Geld wurden nach den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes 870.000 Menschen gefördert - ein Minus von gut 50.000 im Vergleich zu 2014, sogar über 100.000 weniger als im Rekordjahr 2012. Immerhin stieg zuletzt der durchschnittliche monatliche Fördersatz, wenn auch nur minimal. Mit der nun anstehenden Bafög-Erhöhung sind insgesamt freundlichere Bilanzen zu erwarten.

Wie hat sich das Bafög über die Jahre entwickelt?

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) hat seit der Wende einen Zickzack-Kurs hinter sich. Wurden 1991 noch 873.000 Schüler und Studierende bezuschusst, so waren es 1998 nur gut 531.000, ehe der Kreis der Geförderten bis 2005 sprunghaft auf 828.000 anstieg. Vor vier Jahren erhielten dann sogar fast 980.000 junge Menschen Bafög - 671.000 Studenten und 308 000 Schüler. Zuletzt hat sich die Gesamtzahl der Geförderten ungefähr wieder bei der von 1991 eingependelt.

Mit wie viel Geld konnten Bafög-Empfänger bisher rechnen?

Der Durchschnittsfördersatz stieg innerhalb des Vierteljahrhunderts deutlich an - von 273 auf 441 Euro pro Monat. Und damit auch der Aufwand für den Staat: damals 1,98 Milliarden Euro, jetzt eine Milliarde mehr. Freilich wurde das Bafög, so bedauern Kritiker wie das Deutsche Studentenwerk (DSW), nie an die Preis- und Einkommensentwicklung angepasst. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU), die den Fördertopf seit Anfang 2015 zur Entlastung der Länder allein verwaltet, will das auch künftig nicht versprechen.

Wie sehen die Perspektiven aus?

Die oft beklagte Stagnation beim Bafög, das von Schwarz-Gelb 2010 eingefroren wurde, ist zu Ende. Zum Schuljahresbeginn beziehungsweise Wintersemester 2016/17 gibt es mehr Geld. Die Bedarfssätze werden um sieben Prozent erhöht. Der Höchstsatz für Studierende, die nicht bei den Eltern wohnen, steigt von 670 auf 735 Euro - ein Plus von fast zehn Prozent. Allerdings müssen Studenten mit höheren Wohnkosten rechnen. Weil auch die Einkommensfreibeträge um sieben Prozent angehoben werden, soll der Kreis der Geförderten um 110.000 wachsen. Seit Jahren hagelt es Kritik, weil wegen niedriger Freibeträge die Zahl der Bafög-Berechtigten nicht mit der Studentenzahl wuchs.

Ist das ein Durchbruch für die "Bildungsrepublik Deutschland"?

So sieht es zumindest die zuständige Ministerin: Die "deutlichen Steigerungen" mit Bafög-Mehrausgaben von 500 Millionen Euro ab 2017 seien ein großer Schritt zur Stärkung der Bildungsgerechtigkeit, sagt Wanka. "So schreiben wir die Erfolgsgeschichte des Bafög fort", lobt sie ihre schwarz-rote Regierung auf der Ministeriums-Webseite. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass 2015 nicht einmal ein Viertel der fast 2,8 Millionen Studenten Bafög erhielten. Diese Quote wird sich auch mit den Neuregelungen nicht signifikant verbessern.

Ist das Glas also eher halb voll oder halb leer?

Das ist wie so oft Ansichtssache. Das Studentenwerk äußert zwar fürs Erste Zufriedenheit, fordert aber verlässlichere Bafög-Zuwächse: "Eine Erhöhung pro Legislaturperiode reicht nicht aus." DSW-Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde sagt: "Damit die nächste Bafög-Erhöhung nicht erst nach der Regierungs- und Haushaltsbildung in den Jahren 2018 oder 2019 angegangen wird und möglicherweise dann frühestens 2020 wirkt, muss die Bundesregierung sie jetzt, noch vor der Bundestagswahl 2017, auf den Weg bringen."

Der Grünen-Hochschulexperte Kai Gehring kritisiert die große Koalition heftig: "2015 haben rund zehn Prozent mehr Menschen studiert als 2012. Die absolute Zahl der Geförderten ist im gleichen Zeitraum jedoch um zehn Prozent gefallen. Während der Dauer eines Bachelor-Studiums haben also mindestens 100.000 Studierende beim Bafög in die Röhre geguckt."

Für die Linken-Politikerin Nicole Gohlke ist die Bafög-Erhöhung "jetzt schon wieder unterdimensioniert". Und das auch, weil die Mietpreise in den Hochschulstädten ständig anstiegen.

(dpa)
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