Fachhochschulen schärfen ihr Profil

Sie heißen "University of applied science", "Technische Hochschule" oder "Hochschule für nachhaltige Entwicklung": Viele Fachhochschulen verabschieden sich von ihren alten Namen und wollen so ihre Spezialisierung deutlich machen.

232 Fachhochschulen gibt es aktuell in Deutschland - doch nur noch 53 heißen auch so. Jüngstes Beispiel: Die Fachhochschule Köln verabschiedete sich zum 1. September von ihrem Namen und firmiert nun als Technische Hochschule Köln. Der neue Name ist Ausdruck eines veränderten Selbstverständnisses, wie Prof. Dr. Klaus Becker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied, erklärt: "'Fachhochschule' stammt aus dem späten 19. Jahrhundert und war ein Oberbegriff für Handelshochschulen, Medizinische Akademien und sonstige akademische Einrichtungen, die auf ein Fach oder eine Fakultät beschränkt waren. Heute lehren, lernen und forschen wir nicht mehr in getrennten Fachdisziplinen, sondern arbeiten transdisziplinär, fachübergreifend und international. Darum brauchten wir einen neuen Namen, der das unterstreicht."

Es handelt sich hierbei um einen Trend, den der Großteil der Fachhochschulen bereits vollzogen hat. "Die Wertigkeit der Fachhochschulen ist im Zuge der Bologna-Reform gestiegen", sagt Cort-Denis Hachmeister vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), der zur Entwicklung der Fachhochschulen forscht. "Durch die Bachelor- und Masterabschlüsse sind Universitäten und Fachhochschulen in dieser Hinsicht nicht mehr unterscheidbar. Die Abschlüsse sind gleichwertig. Früher musste man sein FH-Diplom noch mit dem entsprechenden Zusatz versehen."

Gleichzeitig widmen sich die Fachhochschulen verstärkt der Forschung und gehen Partnerschaften mit Wirtschaftsunternehmen ein. Daher der häufige Name "Hochschule für angewandte Wissenschaften", so Cort-Denis Hachmeister. "Ein weiterer Grund für die Umbenennungen ist sicher, dass die über 230 Fachhochschulen sich voneinander differenzieren wollen. Zum Vergleich: Universitäten haben wir nur rund 100 in Deutschland." Mit dem Namen "Technische Hochschule" schärft eine Fachhochschule also ihr Profil, ebenso wie eine "Hochschule für nachhaltige Entwicklung".

Doch was unterscheidet die Fachhochschulen eigentlich von den Universitäten? Die Abschlüsse jedenfalls sind es nicht mehr: Mit einem Master-Abschluss von einer FH ist man ebenso formell befähigt zu promovieren wie mit einem Universitäts-Master, sagt Cort-Denis Hachmeister. "Es gibt auch keinen Niveau-Unterschied. Die Studiendauer ist ja gleich lang." Auch würden die Arbeitgeber in der Regel keine Unterschiede zwischen den Absolventen mehr machen - das sei mittlerweile aufgeweicht.

Allerdings: Die Ausbildung an der Fachhochschule ist stärker praxisorientiert, meistens sind feste Praxissemester Teil des Studiums. Auch würden die Abschlussarbeiten häufig in Kooperation mit Unternehmen geschrieben.

Gerade auf Grund dieses Praxisbezugs ist das Fächerspektrum an den Fachhochschulen aber eingeschränkter als an den Universitäten. Geisteswissenschaften wie Geschichte oder Germanistik fehlen ganz. Auch Jura und Medizin werden nicht angeboten - Hachmeister hat bei seinen Untersuchungen aber "FH-Adaptionen" von universitären Fächern gefunden: Wirtschaftspsychologie beispielsweise befindet sich darunter - oder Wirtschaftsrecht. "Verstärkt werden Naturwissenschaften angeboten, aber eben auch immer unter einer praktischen Färbung." Also etwa Bioengineering oder Sustainable Agriculture.

Wo ist denn der Zugang leichter? Gibt es an den FHs oder an den Unis mehr zulassungsfreie Fächer? Auch das wurde am CHE untersucht, im Rahmen eines NC-Checks.

Das Ergebnis: An den Fachhochschulen gibt es mehr zulassungsbeschränkte Studienfächer als an den Universitäten. "Das liegt daran, dass Fachhochschulen keine Ladenhüter anbieten", sagt Hachmeister. "Was nicht nachgefragt wird, wird eingestellt." So verfahren die Universitäten mit Orchideenfächern wie beispielsweise Altorientalistik natürlich nicht. Sie setzen auf ein breites Fächerspektrum und behalten dieses bei.

Auch in Sachen Betreuung der Studierenden unterscheiden sich die Fachhochschulen in einigen Punkten von den Universitäten. Die CHE-Wissenschaftler fanden heraus: Während ein Professor an der FH rund 50 Studierende betreut, sind es an der Uni 64. Zudem sind FH-Professoren doppelt so stark in der Lehre präsent wie ihre Kollegen an der Universität. "Der Kontakt ist also enger", sagt Hachmeister. Im Durchschnitt seien die FHs außerdem kleiner als die Unis. Auch das sorgt für ein anderes Klima im Verhältnis zu den Lehrenden

Nur das Promotionsrecht ist derzeit noch ausschließlich auf die Universitäten beschränkt. Allerdings gibt es in jüngster Zeit verstärkt Kooperationen in Form von gemeinsamen Graduiertenschulen, über die FH- und Uni-Professoren den Doktoranden gemeinsam betreuen können.

(RP)
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