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Numerus-Clausus-Urteil Wer Medizin studieren darf

Karlsruhe/Düsseldorf · Die Zulassung zum Medizinstudium muss anders werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Aber wie könnte eine Lösung aussehen? Darf jetzt jeder Medizin studieren? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

 Medizin- und Zahnmedizinstudenten an der Universität Halle-Wittenberg.

Medizin- und Zahnmedizinstudenten an der Universität Halle-Wittenberg.

Foto: dpa

85 Seiten ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts lang. Es enthält viele Paragrafen und Gesetze, viele Halbsätze und Einschränkungen. Der Vizepräsident des Gerichts, Ferdinand Kirchhof, sagte wegen der offensichtlichen Komplexität gestern bei der Verkündung der Entscheidung: "Wir haben uns vor Weihnachten viel Arbeit gemacht."

Doch nach den Karlsruher Richtern des Ersten Senats haben vor allem die Universitäten und die Politik Arbeit mit dem Urteil zum Numerus clausus. So, wie es ist, kann es nicht bleiben, haben die Richter gesagt. Aber wie es werden soll, das muss der Gesetzgeber nun selbst herausfinden. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was hat das Bundesverfassungsgericht entschieden?

Eine Frau und ein Mann hatten dagegen geklagt, dass sie nicht zum Medizinstudium zugelassen wurden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, das in diesen Fällen immer zuständig ist, legte das Verfahren wegen rechtlicher Zweifel dem Bundesverfassungsgericht vor. Gestern verkündete der für Grundrechte zuständige Erste Senat, dass er diese Zweifel teilt. Es gibt ein Recht auf gleiche Teilhabe an staatlichen Studienangeboten, entschieden die Richter. Außerdem garantiert Artikel 12 des Grundgesetzes die freie Berufswahl. Die Vergabe von Plätzen in Fächern wie Medizin, in denen es mehr Bewerber als Plätze gibt, muss daher nach gerechteren und transparenteren Maßstaben erfolgen. Im Vordergrund soll künftig die Eignung des Bewerbers stehen.

Was heißt das für den Numerus clausus?

Der Numerus clausus verliert an Bedeutung, wird aber nicht abgeschafft. Es sei grundsätzlich zulässig, Bewerber nach der Abiturnote auszuwählen, heißt es in dem Urteil. Allerdings müssen noch andere Auswahlkriterien hinzukommen, die praktische und soziale Kompetenzen abfragen. Der Numerus clausus darf bei der Auswahl der Medizinstudenten nicht mehr allein entscheidend sein. Christian von Coelln, Staatsrechtler an der Universität Köln, warnt indes davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten. "Die wenigsten werden gerade aus dem Grund zu einem Arzt gehen wollen, dass dieser einen Abischnitt von 3,7 hat", sagt er. So wenig wie ein guter Abiturient zwangsläufig ein guter Arzt sei, so wenig sei ein schlechter Abiturient ein guter Arzt.

Kann jetzt jeder Medizin studieren?

Nein. Solange die Zahl der Bewerber die Zahl der Studienplätze übersteigt, muss eine Auswahl getroffen werden. Zwar regt die Bundesärztekammer an, zehn Prozent mehr Studienplätze zu schaffen. Allerdings ist das aus finanziellen Gründen nicht realistisch und würde überdies nicht ausreichen, um allen Interessenten den Traum vom Medizinstudium zu ermöglichen.

Verliert das Abitur an Bedeutung?

Die Studentenvertretung der Uni Köln befürchtet genau dies. "Das Abitur wird entwertet, da nun für Medizin eine neue zusätzliche Eignungsprüfung zur Voraussetzung wird", sagt Imke Ahlen, Vorsitzende des Asta. Ohne Abitur kann man allerdings weiterhin nicht Medizin studieren. Es ist auch nicht so, dass die Besten eines Abiturjahrgangs durch die Entscheidung benachteiligt werden. Denn: 20 Prozent der Studienplätze können weiterhin über die Abiturbestenquote verteilt werden. Da kommen diejenigen mit den besten Noten zum Zuge. Auch bei den anderen 80 Prozent bleibt die Abiturnote eine relevante Größe.

Was muss anders werden?

Grundsätzlich dürfen Abiturnote und Wartezeit weiterhin als Kriterien herangezogen werden. Dennoch gibt es einige Dinge, die sich bei der Studienplatzvergabe ändern müssen. So muss der Gesetzgeber bis Ende 2019 etwa ein weiteres Merkmal neben der Abiturnote festlegen, das die Eignung eines Bewerbers überprüft. Das können Tests, intensive Gespräche oder bereits vorhandene berufliche Ausbildungen sein. Ferdinand Kirchhof hatte mit Blick auf die langen Wartezeiten schon bei der mündlichen Verhandlung im Oktober ironisch gesagt: "Irgendwann kommen nur noch die Graubärte rein, irgendwann ist die Lebenszeit auch vorbei." Die Wartezeit muss daher begrenzt sein; es spricht vieles dafür, dass sie künftig nicht länger dauern darf als ein Regelstudium von 12 Semestern.

Die 60 Prozent der Studienplätze, die die Hochschulen verteilen, müssen künftig nach bundeseinheitlichen Regeln vergeben werden. Dabei muss der Gesetzgeber auch berücksichtigen, dass ein Abischnitt aus Baden-Württemberg schwerlich mit einem Abischnitt aus Bremen vergleichbar ist. Der Gesetzgeber wird auch die Frage beantworten müssen, warum es so viele Bewerber für das Medizinstudium gibt, auf dem Land aber viel zu wenig Ärzte.

Was geschieht mit der Ortspräferenz?

Diejenigen, die ausschließlich über die Abiturnote zum Zuge kommen, müssen eine Reihenfolge von Universitäten angeben, an denen sie am liebsten studieren würden. Das hat dazu geführt, dass viele Universitäten nur Bewerber berücksichtigt haben, bei denen sie selbst auf Platz eins dieser Liste standen. Deswegen haben viele Interessenten mit sehr gutem Abitur keinen Studienplatz erhalten. Das rügt das Gericht. Zwar sei die Ortspräferenz schon relevant bei der Frage, ob jemand sein Studium tatsächlich aufnehme, aber das dürfe niemanden vom Studium ausschließen.

Gilt das Urteil auch für andere Fächer?

Ja. Das Urteil betrifft die Fächer Human-, Tier- und Zahnmedizin sowie Pharmazie - dort werden die Studienplätze zentral bundesweit vergeben. Staatsrechtler von Coelln glaubt, dass das Urteil für andere beliebte Fächer, bei denen die Hochschulen den NC selbst festlegen, keine Auswirkung hat. "Einen Platz zum Beispiel in Jura finden Sie immer irgendwo - deshalb ist Ihnen mit einem hohen NC an einer bestimmten Universität auch nicht der Weg etwa zum Richterberuf verbaut", sagt er.

(RP)
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