"Tatort: Der kalte Fritte" im Schnellcheck Schluss mit Lustig

Weimar · Familiendramen sind nicht witzig, Vergewaltigungen und Selbstjustiz erst recht nicht. Der Versuch, all das im "Tatort" mit Christian Ulmen und Nora Tschirner unterzubringen, scheitert krachend.

"Tatort: Der kalte Fritte": Szenen aus dem Weimar-Krimi
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Szenen aus dem "Tatort: Der kalte Fritte"

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Foto: MDR/Wiedemann & Berg/Anke Neugebauer

90 Minuten in 90 Zeichen Milliardär tot, Mörder auch, die junge Witwe drollig doof. Witzig! Bleibt's aber nicht.

Darum ging es Lessing (Christian Ulmen) und Dorn (Nora Tschirner) sollen die Morde an dem Milliardär Alonzo Sassen sowie dem Architekturprofessor Ilja Bock aufklären.

Darum ging es schief Dass mit Andreas Pflüger einer der beiden Weimarer Stamm-Autoren diesmal nicht beteiligt war, zeigt sich deutlich: Claus-Henric "Murmel" Clausen allein ist überfordert. Konkret ist das handelnde Personal zu zahlreich und über zu verschlungene Pfade miteinander verbandelt. Kleine Kostprobe: Cleo Schröder ist die Frau von Steinbruchbesitzer Martin. Der ist aber nicht der Vater ihrer Tochter, sondern sein Bruder Fritjof, genannt "Fritte", Bordellbesitzer. Bei dem heuert schnell auch die sensationell naive Neu-Milliardärswitwe Lollo als Tänzerin an, die aber mit der Lösung des Falls nichts zu tun hat.

Daher kennen Sie die Witwe Ruby O. Fee hat bereits in zwei "Tatort"-Episoden geglänzt: In "Happy Birthday, Sarah" (Stuttgart, 2013) spielte sie ein junges, sozial schwaches Opfer von sexuellem Missbrauch. In "Kartenhaus" (Köln, 2016) ein verwöhntes Gör, das als Femme fatale in seinem Freund den Mörder weckt. Fun fact: Ruby O. Fee ist selbstverständlich ein Künstlername. Mit vollem Namen aber heißt die gute Frau mit dem Schmollmund nicht Dörte Becker oder Petra Müller, sondern: Ruby Moonstone Camilla Willow Fee.

Das irritierte maßlos Den ganz speziellen Ton des Weimar-"Tatort" konnte man schon immer nur lieben oder hassen — aber dass dieses surreale Universum in sich konsistent war, musste man ihm lassen. In dieser Folge geht das selbst mit der Farce um den Vater des Chefs nicht wirklich gut, der sich als Kunst- und Geldfälscher entpuppt.

Danach bleibt einem das Lachen dann gleich dreifach im Halse stecken. Erst wird Dorn nach einem missglückten Undercover-Einsatz im Bordell um ein Haar vergewaltigt. Dann liefern sich die beiden Brüder eine beängstigend blutige Prügelei. Und zum großen Finale will Steinbruch-Schröder seinen Bruder unter tonnenweise Fels begraben. Dass Lessings Partnerin und Ehefrau dabei scheinbar stirbt, sorgt schließlich dafür, dass der Ermittler im Affekt aus Selbstjustiz beinahe zum Mörder wird. Experiment mächtig misslungen.

(tojo)
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