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Rekordhalter 84 Jahre - 66 Sportabzeichen

Solingen · Der Solinger Josef Hein hat Jahr für Jahr alle Prüfungen für das Sportabzeichen abgelegt - 2016 zum 66. Mal. Für 65 Auszeichnungen bekam der 84-Jährige einen Pokal. Eine Ehrennadel gibt es für das einzigartige Jubiläum noch nicht.

Solingen: Josef Hein hat 66 Sportabzeichen
Foto: Radowski

Josef Hein ist ein einsamer Rekordhalter. 66 Sportabzeichen hat der 84-Jährige abgelegt - eine Leistung, die in Deutschland vor ihm noch nie jemand erreicht hat. Jedes Jahr hat der rüstige Rentner aufs Neue sämtliche Anforderungen in den Kategorien Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination erfüllt. Immer mit dem Ehrgeiz, die Zeiten oder Weiten aus dem Vorjahr zu verbessern. "Irgendwann musste ich jedoch erkennen, dass ich schon zufrieden sein musste, wenn ich die Ergebnisse bestätigt habe", sagt der Solinger. "Man wird ja schließlich nicht jünger."

2015 schaffte Josef Hein ein besonderes Jubiläum: Zum 65. Mal absolvierte er die Prüfungen für das Sportabzeichen. Eigentlich interessierte es ihn nicht, was er im nationalen Vergleich mit seiner Sportabzeichen-Sucht erreicht hat. "Ich habe vermutet, in Solingen der Erste zu sein." Schließlich treffen sich die Mehrfach-Wiederholer im Fünf-Jahres-Rhythmus, wenn sie vom Stadtsportbund für ihre "runden" Leistungen in einem gemütlichen Rahmen geehrt werden. Josef Hein war immer derjenige, der seinen Mitstreitern um einige Prüfungen voraus war. Beim jüngsten Treffen war der pensionierte Diplomsportlehrer besonders gespannt darauf, wie denn die Nadel aussehen würde, die er zu all den anderen Abzeichen an sein Trophäen-Kissen würde heften können. "Ich war baff, dass ich einen dicken Pokal überreicht bekommen habe." Aber irgendetwas fehlte. Enttäuscht fragte Hein nach, wo denn "seine Nadel" bleibe.

Erst 109 Menschen bekamen 60 oder mehr Sportabzeichen

Die jedoch gab es nicht, weil sich bislang niemand im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) Gedanken darüber gemacht hat, dass eine Nadel mit der Zahl "65" einmal benötigt werden würde. Tatsächlich wurden bislang bundesweit erst 109 Menschen 60 oder mehr Sportabzeichen verliehen. Für jedes gibt es neben der Urkunde eine Nadel, auf der ab dem 20. Mal und dann alle fünf Jahre die jeweilige Zahl zu sehen ist. "Allerdings ist 60 das Höchste", bestätigt Christian Siegel, Ressortleiter für den Breitensport beim DOSB. Da es aber inzwischen immer häufiger vorkomme, dass jemand diese Zahl übertreffe, "könnte man darüber nachdenken, eine Nadel mit der ,65' einzuführen", sagt Siegel. Josef Hein rät, das Sortiment möglichst bald zu erweitern: "In naher Zukunft werden mit Sicherheit Andere folgen - insbesondere aus Solingen."

Das erste Mal versuchte er sich 1950 am Deutschen Sportabzeichen - damals war es noch recht unbekannt gewesen. "Von alleine wäre ich wohl nie auf die Idee gekommen, damit anzufangen." Nur aufgrund der Motivation von zwei Lehrern an der August-Dicke-Schule in Solingen ließ sich der damals 19-Jährige begeistern. "Beide hatten die Berechtigung, die Prüfungen abzunehmen." 12,8 Sekunden über 100 Meter, 1,35 Meter im Hochsprung, 8,20 Meter im Kugelstoßen und 7:40 Minuten über 300 Meter Schwimmen waren die Werte seiner Premieren-Prüfung, die beinahe an der Ausdauer-Disziplin gescheitert wäre. Die 20 Kilometer Radfahren brachte "Sepp" Hein, wie er eigentlich nur genannt wird, nicht zu Ende, weil ihm ein Hund in die Quere gekommen war. Das aufgeregte Tier war in den Sportler-Pulk gelaufen, "und ich war auf meinem geliehenen Rad gestürzt". Ans Weiterfahren war nicht zu denken. Obwohl die Anforderungen immer in einem Kalenderjahr erfüllt werden müssen, bekam er aufgrund der besonderen Umstände die Gelegenheit, im Juni 1951 die fehlende Disziplin zu Fuß nachzuholen. Die 10.000 Meter absolvierte der ehemalige Sprint-Spezialist in 44:15 Minuten.

Walking statt Laufen - "Da macht das Knie nicht mehr mit"

Kein einziges Mal hat der ehemalige Leichtathlet seitdem ausgesetzt. Und nie hat er Schwierigkeiten gehabt, alle Anforderungen zu erfüllen. Selbst verschiedene Operationen an Achillessehne, Knie oder Schultern waren immer so gut terminiert, dass Josef Hein das Sportabzeichen entweder bereits abgelegt oder er seine Verletzung im Herbst auskuriert hatte. "Mit dem 65. Abzeichen hatte ich abgeschlossen. Ein schöner Abschluss zum Aufhören." Auch seine Frau Ruth meinte: "Das reicht doch". Gehört hat er nicht.

Eigentlich hat sich der 84-Jährige an jenem Abend nur ein bisschen bewegen wollen. "Außer Gartenarbeit und Wandern mache ich ja sonst nichts mehr." Dann stand Josef Hein auf dem Sportplatz und fühlte sich fit. Und aus dem geplanten Training wurde kurzerhand eine Prüfungssituation. "Wenn man aktiv ist, sieht man, wie einfach das Sportabzeichen eigentlich ist." Der Rekordhalter hätte sich zwar bessere Werte im Schleuderball, Kugelstoßen und Sprint gewünscht, aber die Bestleistungen waren dieses Mal sekundär. "Hauptsache, ich habe es wieder geschafft." Dafür allerdings hat Josef Hein bei der entscheidenden Prüfung in zweierlei Hinsicht auf die Zähne beißen müssen. Statt 3000 Meter Laufen ("Die Knie machen da nicht mehr mit") oder die Langdistanz im Schwimmen entschied sich der Solinger als Alternative für 7,5 Kilometer Walking - obwohl er es zuvor noch nie gemacht hatte. "Ich habe gedacht: So schwer kann das nicht sein."

Nach 500 Metern waren ihm seine Mitstreiter enteilt, nach fünf Runden war er überrundet. "Sogar von zwei Frauen." Das habe derart an seinem Ego gekratzt, dass der Rentner unbedingt schneller sein wollte. "Prompt bin ich gestolpert und gestürzt." Blutverschmiert rappelte er sich auf und schaffte es noch rechtzeitig ins Ziel, um Sportabzeichen Nummer 66 unter Dach und Fach zu bringen.

Josef Hein lässt offen, ob er womöglich in vier Jahren die nächste magische Sportabzeichen-Marke anvisiert: "70 ist auch eine schöne Zahl", sagt er. Alles eine Frage der Gesundheit.

(gra)
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