Düsseldorf/Nettetal Parlamentarisches Nachspiel — Picknick wird Politikum

Düsseldorf/Nettetal · Der Premier der Vereinigten Arabischen Emirate grillte auf Einladung der Stadt Nettetal im Naturschutzgebiet. Eine Genehmigung gab's nicht.

Es mag unangenehmere Gäste geben als den Gründer der Fluglinie Emirates oder den Bauherrn des Riesenhotels Burj Al Arab in Dubai, zumal es sich bei beiden Männern um ein und dieselbe Person handelt - den Premier der Vereinigten Arabischen Emirate. Erst recht willkommen in Nettetal war Scheich Mohammed bin Raschid al-Maktum aus dem Morgenland, weil er sich privat für die niederrheinischen Seiten des Abendlandes interessierte. Und sich laut protokollarischem Ablaufplan auch ins Goldene Buch der Stadt eintragen wollte. Nun, knapp zwei Monate nach dem Besuch des Scheichs, ist das Picknick unter Pagodenzelten mitten im Naturschutzgebiet der Krickenbecker Seen endgültig zum Politikum geworden, fand der Privatbesuch jetzt ein parlamentarisches Nachspiel.

Erstens, weil der Scheich und seine Entourage - darunter auch die Polizei NRW und Polizeibeamte des Kreises Viersen - mit schweren Wagen mitten ins Nettetaler Naturschutzgebiet Krickenbecker Seen fuhren und dort grillten. Und zweitens, weil ausgerechnet Flüchtlinge aus muslimischen Ländern bei den Vorbereitungen eingesetzt wurden, ohne zu wissen, für wen sie da gegen je 40 Euro Aufwandsentschädigung (zehn Euro Trinkgeld, 30 Euro für Schuhe) Zeltbestandteile schleppten. Wer wusste was wann? Wer genehmigte was? Die NRW-Landesregierung teilte gestern auf eine Kleine Anfrage der FDP mit: "Die Staatskanzlei hat in allen Kontakten darauf hingewiesen, dass sie in keiner Weise auf die Entscheidungsfindung der örtlich zuständigen Behörden Einfluss nimmt." Bei der Stadt Nettetal klingt das so: "Aufgrund der geführten Telefonate entstand der Eindruck, dass die Staatskanzlei die positive Begleitung der Stadt begrüße. Im Nachgang hat die Staatskanzlei Wert darauf gelegt, dass die Diktion ,Bitte' nicht verwendet wird." Im Nachgang war das Picknick längst zum Vorgang geworden. Die Staatskanzlei dürfte ein bisschen unter Druck gewesen sein. Eigentlich sollte der Gast die Dhünntalsperre besuchen. Doch die örtliche Ordnungsbehörde erteilte keine Genehmigung: Naturschutzgebiet.

Die Stadt Nettetal löste das Naturschutzproblem anders. Sie beantragte einfach keine Genehmigung, räumte Bürgermeister Christian Wagner (CDU) jetzt im Stadtrat ein. Die Stadt habe den Eindruck gehabt, dass die Genehmigungsbehörde die Veranstaltung nicht verhindern wird, so der Bürgermeister. "Im Nachhinein ist die Wahl des Ortes nicht ganz glücklich."

Weshalb gestern Abend das Picknick auf der extensiv bewirtschafteten Feuchtgrünlandfläche die Tagesordnung des Beirats der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Viersen erreichte. "Gleiches Recht für alle", forderte ein ebenfalls nicht ganz glücklicher Horst Meister vom Bund für Umwelt und Naturschutz - und fragte an, weshalb die Behörde der Stadt Nettetal noch keine Ordnungswidrigkeitsanzeige fürs wilde Grillen zugestellt hat. Dezernent Andreas Budde ließ einen Sachbearbeiter die Sachlage erklären. "Ordnungswidrigkeiten müssen an natürliche Personen gehen. Die Stadt Nettetal ist eine juristische Person", so Stephan Röttges. "Und der Scheich genießt Immunität. Die Sache ist für uns erledigt."

(mrö)
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