Moers Panne bei neuen Sportwetten von Lotto

Moers · Oddset hat vor dem Start in die neue Bundesligasaison das Spielsystem geändert. Nun können mehr Spiele getippt werden. Experten sehen das kritisch. Betreiber von Annahmestellen kommen mit den Änderungen noch nicht klar.

 Heidrun van Geffen betreibt eine Lotto-Annahmestelle in Moers. Die Regeln für das neue Oddset-System verwirren sie – trotz Broschüre.

Heidrun van Geffen betreibt eine Lotto-Annahmestelle in Moers. Die Regeln für das neue Oddset-System verwirren sie – trotz Broschüre.

Foto: kilian tress

Unmengen von Ausdrucken mit Spielpaarungen liegen vor Heidrun van Geffen auf dem Tresen ihrer Lotto-Annahmestelle am Moerser Neumarkt. Daneben: das dicke Handbuch zum neuen Oddset-System und eine Schnellanleitung für Spieler. Überflogen hat van Geffen das komplette Infomaterial, wirklich verstanden hat sie die Oddset-Änderungen allerdings noch nicht – obwohl das System in der Nacht zu gestern umgestellt worden ist und obwohl van Geffen und ihr Mann vor rund drei Monaten geschult worden sind. "In einem halben Jahr hat sich das alles sicher eingespielt und wir lachen darüber, aber jetzt ist es erst einmal eine sehr große Umstellung." Auch für die Kunden, da ist van Geffen sicher. Deshalb hat sie auch für die schon Infomaterial ausgelegt.

So wie van Geffen geht es derzeit vielen Betreibern von Lotto-Annahmestellen. Sie sind verwirrt durch das neue System, das Oddset, die Sportwette von Lotto, pünktlich zum Start der neuen Saison der Fußballbundesliga am kommenden Wochenende eingeführt hat. Das Angebot der Wetten und der Kombinationsmöglichkeiten ist durch die Umstellung deutlich erhöht worden. "Wir haben das extra so gemacht, denn die Bundesliga wird am meisten getippt", sagt eine Sprecherin von Westlotto. Sie sagt, dass es bei der Umstellung gestern eine technische Panne gegeben hat. "Die Quittungen wurden mit falschen Hinweisen versehen", erklärt sie. Das Problem sei aber schnell behoben worden. "Ein klassischer Geburtsfehler eben." Allein in Nordrhein-Westfalen schließen laut Westlotto rund 500 000 Menschen regelmäßig Sportwetten in den etwa 36 000 Annahmestellen bei dem staatlichen Anbieter ab. Jeden Dienstag erscheint das Wettprogramm in Heftform (DIN4) mit den Spielquoten, das immer für eine Woche gültig ist. Das aktuelle Heft umfasst durch die Neuerung zehn Seiten – Tendenz steigend, vor der Systemumstellung waren es deutlich weniger. Experten sehen die Erweiterung des Programms kritisch. "Je mehr Wetten angeboten werden, desto höher ist das Risiko, spielsüchtig zu werden", sagt etwa Gerhard Meyer von der Universität Bremen. "Wenn die Auswahl an Spielen steigt, auf die man Geld setzen kann, dann steigt auch automatisch die Verlockung."

Wenn Gudrun K. an den kommenden Freitag denkt, bekommt sie weiche Knie, denn dann kommen Hunderte Spieler in ihre Lotto-Annahmestelle in Köln, um die Fußballspiele zu tippen. "Das neue System verwirrt mich", sagt sie. "Ich verstehe es nicht und weiß deswegen auch nicht, wie ich es meinen Kunden erklären soll." Bereits gestern habe sie deswegen einige Spieler wegschicken müssen, die wetten wollten. "Ich kenne viele Kollegen, denen es genauso geht wie mir." Westlotto verweist darauf, dass es für das neue System kostenlose Schulungen gibt, an denen zumindest die Betreiber einer Annahmestelle teilnehmen müssen. "Dadurch passiert es aber, dass nicht jeder Mitarbeiter ausreichend geschult wird – und das kann dann zu den Problemen führen", sagt eine Sprecherin.

Hinter der Erweiterung des Spielangebots dürften vor allem wirtschaftliche Interessen stehen. Seitdem das Bundesverfassungsgericht im März 2006 mit einem Urteil das staatliche Monopol beendet hat, verlieren die Lotteriegesellschaften im Bereich der Sportwetten von Jahr zu Jahr Marktanteile an die privaten Anbieter im Internet. "Bei Sportwetten geht es um Milliardenbeträge", sagt Meyer. Durch das vergrößerte Angebot soll dieser Abwärtstrend gestoppt werden. Nach dem neuen Glücksspiel-Staatsvertrag, der im Juli 2012 geschlossen worden ist, soll es bald 20 Konzessionen für private Anbieter geben. Experten rechnen damit, dass das noch in diesem Jahr geschehen wird. Dann wird der lukrative Markt auch offiziell für Privatanbieter geöffnet.

Die Moerserin Heidrun van Geffen fährt jetzt erst einmal in den Urlaub. Wenn sie wieder kommt, so hofft sie, haben wenigstens ihre Mitarbeiter das neue System verstanden. Sie lacht.

(RP)
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