NSU-Prozess Die Kernpunkte in Beate Zschäpes Aussage

München · Beate Zschäpe hat ihr Schweigen gebrochen. Über ihren Anwalt ließ sie ihre Aussage beim NSU-Prozess in München verlesen. Sie bestritt eine Beteiligung an den Morden und Anschlägen sowie eine Mitgliedschaft beim NSU. Die Kernpunkte ihrer Aussage im Überblick.

Beate Zschäpe – der Tag ihrer Aussage vor Gericht
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Beate Zschäpe – der Tag ihrer Aussage vor Gericht

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Foto: dpa, tha htf

Seit Beginn des NSU-Prozesses hatte die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe geschwiegen, den Kameras im Gerichtssaal drehte sie immer den Rücken zu. Das änderte sich am heutigen Mittwoch, dem Tag, an dem ihre Aussage, niedergeschrieben auf 53 Seiten, von ihrem Anwalt verlesen wurde. Das sind die Kernaussagen der Beate Zschäpe in Zitaten.

Sie sagt aus, dass sie Uwe Böhnhardt mit 19 Jahren kennenlernte, als sie noch mit Uwe Mundlos zusammen war. Sie verliebte sich, trennte sich aber erst später von Mundlos. Schließlich kam sie mit Böhnhardt zusammen. Als dieser sich von ihr trennte, bemühte sie sich, wieder mit ihm zusammenzukommen. Schließlich ging sie mit beiden in den Untergrund, habe sich "von den Taten abgestoßen, nach wie vor zu Böhnhardt hingezogen" gefühlt.

  • "Die Kraft mich zu trennen (...) und mich der Justiz zu stellen, hatte ich jedoch nicht."
  • "Die beiden brauchten mich nicht. Ich brauchte sie."
  • "Die beiden waren meine Familie."
  • "Mir wurde bewusst, dass ich mit zwei Menschen zusammenlebte, denen ein Menschenleben nichts wert war."

Zschäpe räumt ein, von den regelmäßigen Banküberfällen der beiden habe sie gewusst, allerdings nicht im Detail. Sie habe die Überfälle aber akzeptiert und davon profitiert — mit dem Geld habe man das Leben im Untergrund finanziert.

  1. "Sie wollten mich ganz bewusst nicht dabei haben."

Vom Mord im Jahr 2000 in Nürnberg will sie erst drei Monate nach der Tat gehört haben.

  1. "Ich wusste von nichts. Ich hatte keinerlei Vorbereitungshandlungen mitbekommen."
  2. "Bis zum heutigen Tag weiß ich die wahren Motive nicht."

Von allen zehn Morden — neun an türkischen Migranten, einer an einer deutschen Polizistin — will Zschäpe vorher jeweils nicht gewusst haben. Immer wieder fällt dieser Satz: Sie sei weder an der Vorbereitung noch an der Durchführung der Verbrechen beteiligt gewesen.

  1. "Ich war einfach nur sprachlos, fassungslos, unfähig darauf zu reagieren."
  2. "Rückblickend betrachte ich meine Reaktion so, dass ich resigniert hatte."
  3. "Ich erinnere mich, dass ich stundenlang auf sie einredete, mit dem Töten aufzuhören."
  4. "Ich konnte die weiteren Dinge nur noch geschehen lassen."
  5. "Ich war weder an den Vorbereitungshandlungen noch an der Tatausführung beteiligt."

Auch vom Bombenanschlag auf ein iranisches Geschäft in der Kölner Probsteigasse und dem Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße will Zschäpe vorher jeweils nichts gewusst haben. Sie stellt aber klar, dass es Böhnhardt war, der die Bombe in dem Lebensmittelgeschäft deponierte. Auch von dem verheerenden Anschlag in der Keupstraße sei sie "einfach nur entsetzt" gewesen.

Zschäpe räumt ein, die letzte Fluchtwohnung des NSU in Zwickau in Brand gesetzt zu haben. Sie habe damit ein Versprechen eingelöst, das sie Mundlos und Böhnhardt gegeben habe. Zschäpe weist aber den Anklagevorwurf des versuchten Mordes zurück: Sie sei sich sicher gewesen, dass weder ihre Nachbarin noch zwei Handwerker im Haus gewesen seien.

Sie streitet ab, Mitglied des NSU gewesen zu sein, insbesondere aber den Anklagevorwurf, "gleichgeordnetes" Mitglied gewesen zu sein. Wenn man den NSU als Vereinigung betrachten wolle, dann habe dieser maximal aus zwei Personen bestehen können: Mundlos und Böhnhardt. Sie habe sich weder mit den Morden noch mit einem ideologischen Hintergrund identifiziert.

  1. "Ich weise den Vorwurf, ich sei ein Mitglied einer terroristischen Vereinigung namens NSU gewesen, zurück."
  2. "Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass ich ein Gründungsmitglied einer Vereinigung namens NSU gewesen sein soll."/"Eine solche Gründung hat nie stattgefunden."
  3. "Ich hatte mit den Morden nichts zu tun."

Das sogenannte Paulchen-Panther-Video, in dem sich der NSU zu den Morden und Anschlägen bekennt, will Zschäpe erst im Prozess das erste Mal gesehen haben. Sie habe nicht bei der Erstellung geholfen. Auch den Inhalt habe sie nicht gekannt — nur vermutet, dass die Überfälle und die Morde Gegenstand sein könnten.

Zschäpe will keine Waffe besorgt und auch an keiner Lieferung oder Übergabe beteiligt gewesen sein. Sie wusste aber von mehreren Waffen in der Wohnung.

  1. "Ich gewöhnte mich daran, ab und zu eine herumliegende Pistole gesehen zu haben. Akzeptiert habe ich es nie."

Den Vorwurf der Bundesanwaltschaft, sie habe die Finanzen für das Trio verwaltet, weist sie zurück. Nur im Urlaub sei sie für die Kasse verantwortlich gewesen, "weil ich am sparsamsten war". Auch die Miete habe meist sie bezahlt. Ansonsten habe es keine speziellen Zuständigkeiten für das Bestreiten der alltäglichen Kosten gegeben.

Zschäpe räumt ein, an der Tarnung des Trios mitgewirkt zu haben — aber aus Eigeninteresse: Auch sie selbst sei ja schon seit Jahren auf der Flucht und damit in der Illegalität gewesen. Die Schlussfolgerung der Bundesanwaltschaft, sie sei deshalb mit den Morden einverstanden gewesen, weist Zschäpe allerdings zurück.

  1. "Ich fühle mich moralisch schuldig, dass ich zehn Morde und zwei Bombenanschläge nicht verhindern konnte."
  2. "Ich entschuldige mich aufrichtig bei allen Opfern und allen Angehörigen der Opfer der von Mundlos und Böhnhardt begangenen Straftaten."
(das/dpa/afp/rtr)
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