Salzburg "Mr. Musikantenstadl" ist tot

Salzburg · Mit dem "Musikantenstadl" brachte Karl Moik die Volksmusik einem Millionenpublikum nahe. Weltweit sahen rund 2,3 Milliarden Menschen die Show. Nun ist Moik 76-jährig an den Spätfolgen eines Herzinfarkts gestorben.

Er kann für sich in Anspruch nehmen, deutsche Volksmusik in die Welt hinausgetragen zu haben. Karl Moik hat sich denn in gewisser Weise auch als Kultur-Botschafter verstanden. Auf allen fünf Kontinenten war er mit seinem "Musikantenstadl" unterwegs, und überall brachte er die Säle gleichermaßen zum Schunkeln, ob in Peking, Dubai oder Kapstadt. Mehr als 2,3 Milliarden Menschen soll Moik bis 2005 mit seinen 150 "Stadl"-Ausgaben erreicht haben, hat die ARD ausgerechnet - das wäre fast ein Drittel der Erdbevölkerung. So hat er wohl mit dazu beigetragen, das Bild der Deutschen im Ausland zu festigen, als Meister der Gemütlichkeit mit Hang zur Tracht. Gestern ist der Österreicher im Alter von 76 Jahren im Landeskrankenhaus Salzburg an den Spätfolgen eines Herzinfarkts gestorben.

Geboren wurde Moik 1938 in Linz. Er wuchs als Kind einer alleinerziehenden Mutter in Hallein bei Salzburg auf. Seinen Vater lernte er erst im Alter von fünf Jahren kennen. Sein Showtalent habe sich schon früh bemerkbar gemacht, sagte er. Dennoch orientierte er sich beruflich zunächst in eine denkbar andere Richtung: Moik machte eine Ausbildung zum Werkzeugmacher und reiste als Vertreter für Öfen, Kopiergeräte und Fernsehantennen herum. Später tingelte er mit dem Jazz-Trio "Jolly Austrians" durch Europa. Als gewitzter Kommentator eines Fußballspiels fiel er schließlich dem Österreichischen Rundfunk (ORF) auf, der ihn zunächst als Rundfunkmoderator verpflichtete.

Seinen Durchbruch aber erlebte Moik mit dem "Musikantenstadl", den er 1980 selbst für das österreichische Fernsehen konzipierte. Die Sendung kam - obwohl die Gäste nur Voll-Playback sangen - hervorragend an beim Publikum, Moiks hemdsärmelige Begeisterung wirkte ansteckend, sein charmanter Schmäh traf den Nerv der Volksmusik-Fans. Der Österreicher räumte in seiner Sendung aber auch Schlager und Operetten einen Platz ein. 1983 eroberte er mit seiner Show das deutsche Fernsehen, später exportierte er das Liedgut in die ganze Welt. 1998 gastierte der "Musikantenstadl" in Disney+ World im US-Bundesstaat Florida, 1999 verfolgten mehrere hundert Millionen Zuschauer des chinesischen Staatsfernsehens das Blasmusikspektakel in Peking. 1989 war Moiks "Stadl" die erste große TV-Show, die nach dem Mauerfall live aus Ostdeutschland übertragen wurde.

"Wenn ich meine Karriere Revue passieren lasse, waren 90 bis 95 Prozent eine traumhafte Zeit", sagte Moik anlässlich seines 75. Geburtstags. "Ich habe so viel erlebt, dafür müsste ein anderer Mensch fünf Leben haben." Moik tanzte allerdings auch auf vielen Hochzeiten. So moderierte er mit Carolin Reiber alljährlich den Grand Prix der Volksmusik. So fest verwurzelt war Moik mit diesem Kosmos, dass er, von ARD und ORF 2005 gegen seinen Willen aus "seiner" Sendung herausgerissen, bei seinem Abschied gesundheitlichen Schaden nahm. Nachdem er beim "Silvesterstadl" 2005/2006 in Kärnten seinem Millionenpublikum zum letzten Mal sichtlich gerührt "Servus, Pfüat Gott und auf Wiedersehen" gesagt hatte, erlitt er einen Schlaganfall und kam ins Krankenhaus. Die vermeintlich heile Welt der Volksmusik, deren Repräsentant er bis dahin gewesen war, war plötzlich unter seinen Füßen zerbrochen. Sein Nachfolger wurde der jüngere Andy Borg, der die Sendung aber Mitte des Jahres, mit 54, auch wieder abgeben muss.

Kritik an Moik hatte es freilich schon früher gegeben. Immer wieder wurde ihm die schlichte Weltsicht vorgeworfen, die er mit seiner Sendung propagiere. Über seine Äußerung in einem Interview, in dem er sich mit Stalin verglich, empörten sich viele Menschen. Ebenso wie über den Fauxpas in einer seiner Shows, Italiener als "Spaghettifresser" zu bezeichnen. Später entschuldigte er sich damit, nach einer Bypass-Operation unter Narkotika gestanden zu haben.

Zuletzt zog sich Moik mit seiner Familie in Oberalm bei Salzburg zurück. Seine Frau Edith, mit der Moik seit 1964 verheiratet war, managte nicht nur das Familienleben, sondern auch die Karriere ihres "Karli-Buam". Zudem hatte er mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Bereits 2004 hatte er während einer Karnevalsfeier in Köln einen Herzinfarkt. Genau zehn Jahre später erlitt er am Rosenmontag wiederum in Köln einen weiteren Infarkt, von dem er sich nicht mehr erholte.

(RP)
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