Naturkatastrophe Mehr als 500 Hurrikan-Opfer auf Haiti

Port-Au-Prince · Vor allem Landstriche im Südwesten der Insel wurden von Wirbelsturm "Matthew" verwüstet. Insgesamt sind rund 1,5 Millionen Menschen betroffen. Nach 2010 muss Haiti damit erneut eine verheerende Naturkatastrophe verkraften.

Hurrikan Matthew: So wütet der Sturm in der Karibik
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So wütet der Wirbelsturm Matthew in der Karibik

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Nur langsam wird das Ausmaß der Zerstörung offenbar, das Hurrikan "Matthew" auf der Karibikinsel Haiti hinterlassen hat. Viele der am stärksten betroffenen Gebiete im Südwesten der Insel waren nicht erreichbar. Die Zahl der Todesopfer schwankte gestern zwischen rund 500 und mehr als 800. Vier Tote gab es in der benachbarten Dominikanischen Republik. Die Bundesregierung stellte gestern 600.000 Euro Soforthilfe für Haiti bereit. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind insgesamt 1,5 Millionen Menschen in Haiti von dem Hurrikan betroffen, 350.000 benötigen unmittelbare Unterstützung. Entscheidend seien nun der Zugang zu sauberem Trinkwasser und die medizinische Versorgung von Erkrankten, damit sich Krankheiten wie Cholera oder Dengue Fieber nicht ausbreiten.

Besonders die Regionen Sud und Grand'Anse im Westen der südlichen Halbinsel wurden von dem Wirbelsturm schwer getroffen. Dort sorgten starke Regenfälle für heftige Überschwemmungen. Bewohner irrten ziellos durch die Hafenstadt Les Cayes im Südwesten, einige trugen Matratzen durch die Straßen, legten durchnässte Kleider zum Trocknen aus und suchten nach Essen und sauberem Trinkwasser. Der Einsturz einer Brücke, die die Hauptstadt Port-au-Prince mit dem südlichen Landesteil verbindet, machte die Regionen unzugänglich. An der Instandsetzung der Brücke wird noch gearbeitet. Inzwischen sind aber wieder Hubschrauberflüge möglich. "Piloten berichteten, dass der Ort Jérémie quasi ausgelöscht sei", sagt Steffen Richter, Sprecher der Hilfsorganisation humedica, die mit einem sechsköpfigen Einsatzteam vor Ort ist. "Die Menschen haben überlebt, ihre Häuser aber sind fast gänzlich zerstört, ebenso wie etwa 80 Prozent der Anbauflächen."

Laut Richter konnte der Hurrikan seine große Zerstörungskraft entwickeln, da dieser zwar mit Windgeschwindigkeiten von deutlich mehr als 200 Kilometern pro Stunde auf Haiti getroffen sei, sich insgesamt aber langsam bewegte. "Er hat lange über einzelnen Gebieten gewütet und dort viel Regen mitgebracht", erklärt er. Port-au-Prince ist vergleichsweise unbeschadet geblieben. Sechs Jahre nach dem verheerenden Erdbeben mit mehr als 200.000 Toten leben dort aber immer noch tausende Menschen in Zelten und Notunterkünften. Sie hat der Hurrikan stark getroffen.

Das evangelische Hilfswerk Diakonie Katastrophenhilfe teilte mit, die Folgen des Hurrikans seien weitaus schlimmer als zunächst angenommen. In einigen Regionen seien 80 Prozent der Häuser und große Teile der Ernte zerstört. Doch das genaue Ausmaß könne wegen der Straßenschäden noch nicht erfasst werden. Das Bündnis "Aktion Deutschland Hilft" stellte 250.000 Euro aus seinem Katastrophenfonds bereit. Helfer von Care, Help und World Vision verteilten vor Ort Trinkwasser, Nahrungsmittel und Hilfsgüter wie Decken, Hygiene-Pakete und Plastikplanen, hieß es. Das Tönisvorster Medikamentenhilfswerk action medeor will am Montag eine Hilfssendung mit Medikamenten und Hygieneartikeln auf den Weg bringen. Die Welthungerhilfe stellte 100.000 Euro für Soforthilfe bereit und kündigte die Entsendung von Nothilfe-Teams an. Durch die Sturmschäden drohe eine Ernährungskrise, erklärte ein Mitarbeiter.

Papst Franziskus hat die internationale Gemeinschaft zur Solidarität mit Haiti aufgefordert. In einem Beileidstelegramm an den Vorsitzenden der haitianischen Bischofskonferenz, Kardinal Chibly Langlois, äußerte er gestern laut Vatikanangaben seine tiefe Anteilnahme. Er sei den Verletzten und all jenen nahe, die ihr Zuhause und ihren Besitz bei der Naturkatastrophe verloren hätten.

(beaw)
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