Geldern Mädchen trifft Peiniger vor Gericht

Geldern · Ein Kind, das sexuell belästigt wurde, soll den Täter vor Gericht wiedersehen.

Ein elfjähriges Mädchen, das sexuell missbraucht wurde, soll am kommenden Donnerstag vor dem Amtsgericht Geldern eine Aussage machen - im Beisein des mutmaßlichen Täters. "Die Gerichtspsychologin hat uns darauf hingewiesen, am Verhandlungstag eine Dreiviertelstunde früher da zu sein, damit meine Tochter auf den Prozess vorbereitet werden kann", sagt Olaf H., der Vater des Mädchens.

Vor rund 14 Monaten war die Elfjährige in einer Kleingartenanlage in Neukirchen-Vluyn von dem Verdächtigen in dessen Haus gelockt worden. Das Mädchen kannte den Mann, es ist der Vater einer Freundin, und er hatte versprochen, ihr Musik aufs Handy zu laden. Während das Mädchen am Computer saß, entblößte sich der Mann, näherte sich von hinten, und rieb sich an dem Kind. Unter der Androhung, ihre Mutter werde sie bald abholen, konnte die Elfjährige fliehen und Schlimmeres verhindern.

Olaf H. ist empört darüber, dass seine Tochter ihren Peiniger nun vor Gericht wiedersehen soll. "Sie hatte den Vorfall schon ganz gut verarbeitet", sagt er. "Nun wird alles wieder aufgewühlt." Zudem glaubt er, dass allein schon die Konfrontation mit dem mutmaßlichen Täter das Kind in Angst und Schrecken versetzen wird. "Niemand interessiert sich für den psychischen Zustand meiner Tochter", so Olaf H.

Der Vorsitzende des Vereins "gegen-missbrauch", Ingo Fock, der sich um Opfer sexuellen Missbrauchs kümmert, bestätigt, dass das Vorgehen des Amtsgerichts Geldern ungewöhnlich ist. "In einem solchen Fall würde man das Kind in der Regel in einen anderen Raum setzen und es per Video zuschalten", sagt Fock. So würde das Kind mit dem Richter sprechen müssen. "Man muss immer damit rechnen, dass das Opfer durch eine Konfrontation mit dem Täter retraumatisiert wird", so Fock. Die zuständige Gerichtspsychologin hat unserer Redaktion nichts zu dem Fall gesagt. Auch das Amtsgericht Geldern war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Über seinen Anwalt hat Olaf H. bereits versucht, die Anhörung seiner Tochter in einen Nebenraum zu verlegen. Doch ohne Erfolg. "Niemand denkt darüber nach, wie es meiner Tochter in dieser Situation gehen wird", so der Vater. "Dabei muss jeder mit einem gesunden Menschenverstand doch ahnen, dass es ein Albtraum für sie ist." Laut Fock sei es aus Opferschutzgründen allerdings grundsätzlich möglich, eine Zuschaltung per Video aus einem Nebenraum zu fordern. "Im Sinne des Rechtsstaats ist dieses Verfahren durchaus vertretbar", so Fock.

(sno)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort