Berlin Königliches Treffen im Regen

Berlin · Bundespräsident Gauck war zum letzten Mal Gastgeber eines Staatsbesuchs. Er sendete wichtige politische Botschaften.

Ein bisschen Wehmut wird sich kaum vermeiden lassen an einem solchen Tag. Vermutlich zum letzten Mal gibt Bundespräsident Joachim Gauck bei einem Staatsbesuch den Gastgeber. Wie schon so viele Male zuvor betritt er mit seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt den roten Teppich vor dem Schloss Bellevue und lächelt. In diesem Moment fahren die Gäste vor.

"Majestät, ein besonders herzliches Willkommen", sagt Gauck zu Carl XVI. Gustaf, dem König von Schweden. Daniela Schadt begrüßt Königin Silvia wie eine alte Freundin. Beide mit leichtem Mantel und Hut, als hätten sie sich abgesprochen. Noch regnet es nicht.

Dann geht es seinen protokollarischen Gang, wie immer in den bald fünf Jahren, die Gauck im Schloss an der Spree seine Besucher empfängt - ob US-Präsident Barack Obama, die britische Königin Elizabeth, oder, zum Auftakt im März 2012, den mongolischen Präsidenten Tsakhia Elbegdorj. Wie immer der Eintrag in das Gästebuch, dann großer Auftritt im Park, wo das Ehrenbataillon der Bundeswehr wartet.

Die Nationalhymnen erklingen, der Bundespräsident und sein Gast schreiten die Front der Soldaten ab. An der Seite warten fähnchenschwingende Schüler, diesmal aus dem Carl-von-Ossietzky-Gymnasium in Berlin-Pankow, das einen regen Austausch mit Schweden pflegt.

Für Gauck und Schadt schließt sich mit dem Besuch aus Schweden ein Kreis, denn vor viereinhalb Jahren, noch ganz zu Beginn der Amtszeit, hatten beide das schwedische Königspaar in Stockholm besucht. Gerade für viele Menschen in der DDR sei Schweden immer ein "Sehnsuchtsland gewesen", sagte Gauck damals. Und ganz ost-west-übergreifend: "Die Deutschen lieben gekrönte Häupter."

Da nimmt sich der Bundespräsident gar nicht aus, Begegnungen mit Monarchen waren für ihn immer etwas Besonderes. Im Mai 2012 in den Niederlanden sagte er: "Ich übernachte heute im Schloss - auch schön so etwas." Inzwischen hat er sich längst daran gewöhnt.

Aber Gauck wäre nicht Gauck, wenn er die Gelegenheit des voraussichtlich letzten Staatsbesuchs seiner Amtszeit nicht zu einer politischen Botschaft nutzen würde. Beim feierlichen Staatsbankett am Abend spricht er die Herausforderung der Flüchtlingskrise offen an und fordert eine gerechtere Lastenteilung in Europa.

Und Bundespräsident Gauck wiederholt seinen Satz aus dem Mai 2012: Schweden sei für viele Deutsche ein Ort der Sehnsucht geblieben. Dann zitiert Gauck laut Redemanuskript den Schriftsteller Kurt Tucholsky ("Schloss Gripsholm"): "Es gibt kein deutsches Normalgehirn, das bei dem Gedanken ,Schweden' andere als angenehme, freundliche, gute Gedanken hätte."

Am Nachmittag legt der König in der Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft - der Neuen Wache - einen Kranz nieder. Hinter der Absperrung zücken neugierige Schaulustige ihre Handys, um Fotos zu machen.

Wenn das Wetter besser gewesen wäre, hätte es für Carl Gustaf und Silvia auch so etwas wie ein Bad in der Menge geben können. Aber bei ihrem Abstecher zum Brandenburger Tor warten an diesem kühlen Herbsttag nur wenige Schaulustige. Kinder von der schwedischen Schule, mit goldenen Papierkronen geschmückt, schwenken ihre blau-gelben Fähnchen. Schirme werden aufgespannt. Der König blickt angesichts der Regentropfen ein bisschen missmutig.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller führt die Gäste durch das Wahrzeichen der Stadt und ihrer Geschichte. Kaum zehn Minuten dauert die Aktion, dann geht es wieder ins Auto. Gauck war nicht dabei. Er hat noch eine Menge zu tun, auch an diesem Tag. Bis zum März 2017 wird es so bleiben. Dann gibt es einen neuen Gastgeber im Schloss Bellevue - oder eine Gastgeberin.

(dpa)
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