Mülheim Keine Chance für Schlabberlook

Mülheim · Einige Schulen verbieten Jogginghosen im Unterricht. Sie seien zu leger, heißt es.

Mülheim: Keine Chance für Schlabberlook
Foto: dpa, Jan-Philipp Strobel

Bequem, schlabbrig, peinlich? Eine Schule in Schwieberdingen in Baden-Württemberg will ihren Schülern die Jogginghose verbieten. Für Schulleiterin Sandra Vöhringer ist Kleidung nicht nur Kleidung: Sie habe etwas mit Haltung zu tun, sagte die Direktorin. Sie kündigte eine Arbeitsgruppe an, in der sich Lehrer, Eltern und Schüler im Dezember Gedanken über eine neue Kleiderordnung machen wollen.

Eins steht für Vöhringer aber schon fest: Die Jogginghose passt nicht auf den Schulhof und in die Klassenzimmer. "Es würde ja auch kein Schüler so zum Praktikum gehen", sagte sie. So eine sackförmige Schlabberhose sei zum Abhängen auf dem Sofa daheim geeignet, nicht aber zum gemeinsamen Lernen in der Schule. "Manche Jungs begleitet die Jogginghose die ganze Woche." Vöhringer sagt, sie habe beim Jogginghosen-Aus die Unterstützung von den Eltern und den meisten Schülern: "Da haben wir positive Signale." Die Arbeitsgruppe werde sich allgemein mit der Frage befassen, was eine angemessene Kleidung für die Schule sei, betonte die Rektorin der Glemstalschule. Womit dann auch über Bauchfrei-Shirts und Hotpants diskutiert werde. Einige Jungs hätten schon angemerkt, dass ebenso über die Leggings der Mädchen nachgedacht werden müsse.

Auch an niederrheinischen Schulen herrscht dieser grundsätzliche Konsens: Die Kleidung der Schüler muss dem Unterricht angemessen sein. So steht es in etlichen Schulordnungen. Was genau das bedeutet, kann jede Schule selbst festlegen. "Das landesweite Schulgesetz beinhaltet keine Vorschriften für Kleidung im Unterricht", heißt es beim Schulministerium NRW. Und so ist es jeder Schule überlassen zu entscheiden, wann etwa ein Rock zu kurz und ein Ausschnitt zu tief ist - oder eben eine Jogginghose zu leger.

Die Hauptschule am Hexbachtal in Mülheim hat selbige schon vor Jahren aus dem Unterricht verbannt. "Die Kleidung der meisten Schüler war teilweise so leger, dass es nicht mehr schön war", sagt Konrektorin Birgitta Strehlau. Einzelne Schüler hätten sich zunächst gegen das Verbot gewehrt. "Aber wir haben sie gefragt: An uns Lehrern würden sie auch keine Jogginghosen sehen wollen, oder?" Inzwischen sei die Regel akzeptiert. An der Gesamtschule Espenstraße in Mönchengladbach sieht man die Kleidungsdebatte entspannt. "Unsere Schüler kommen so, wie sie es wollen", sagt Direktorin Renata Tholen. "Dadurch ist noch nie jemand sittlich beeinträchtigt worden." Auch ihr Kollege Dirk Timmermann von der Gesamtschule Am Lauerhass in Wesel sagt: "Jeder unserer Schüler darf sich anziehen, wie er möchte." Die einzige Regel sei, dass die Kleidung das andere Geschlecht nicht stören darf. "Diesen Fall hat es bei uns noch nie gegeben", sagt Timmermann.

Für Timo Bleisteiner vom Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Kleve sind Joggingshosen zwar "grenzwertig". Aber dabei gehe es meist um Einzelfälle. Verbote wolle man deswegen nicht einführen. "Wir appellieren in solchen Situationen an die Vernunft der Schüler und sprechen mit ihnen." Auch die Anne-Frank-Gesamtschule Rheinkamp in Moers hat offiziell keine Vorschriften erlassen. Dennoch erhalten Schülerinnen, die mit zu engen oder zu tief ausgeschnittenen Tops auffallen, im Sekretariat ein weites T-Shirt, das sie bis zum Ende des Unterrichts überziehen müssen, berichtet der Didaktische Leiter Michael Murmann. Die Alexander-Coppel-Gesamtschule in Solingen schickt Schülerinnen in solchen Fällen zum Umziehen nach Hause. In den vergangenen 20 Jahren sei das nur selten vorgekommen, sagt Schulleiter Andreas Tempel. "Die Fälle kann ich an einer Hand abzählen."

Auch an der Realschule Luisenstraße in Düsseldorf sind Jogginghosen verboten. Hotpants und Röcke müssen wenigstens so lang sein, dass sie den Po bedecken. "Das ist nicht selbstverständlich", sagt Schulleiterin Ingrid Fellmerk. Darum werden die Schüler jedes Jahr, wenn es warm wird, erneut über die Regeln informiert. Ganz klar gegen Vorschriften spricht sich das Erzbischöfliche Gymnasium in Neuss aus. "Kleidung ist Ausdrucksmittel persönlicher Individualität", sagt Schulleiter Josef Burdich.

(RP)
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