Düsseldorf Kampagnen gegen Naidoo-Auftritt

Düsseldorf · Im Internet fordern Fans des Eurovision Song Contest in Petitionen den Verzicht des Sängers.

Xavier Naidoo zeigt Kampfgeist: Er wird zum Eurovision Song Contest 2016 nach Stockholm fahren, um "das Ding nach Hause zu holen". Und nun wehrt er sich auch gegen die Kritik an seiner Kür zum deutschen Kandidaten. "Mit meinem ganzen Wesen stehe ich für ein weltoffenes und gastfreundliches Deutschland und einen respektvollen sowie friedlichen Umgang miteinander", sagte der 44 Jahre alte Musiker. Ihm widerstrebe, sich bekennerhaft für etwas zu rechtfertigen, was er nicht sei und was er schon mehrfach erläutert habe. "Nur soviel: Ich bin froh, in einem ,bunten' Deutschland zu leben, mit einer Vielfalt an Lebensentwürfen und Religionen, über die ich mich freue." Zudem stehe er für Meinungsfreiheit.

Der Norddeutsche Rundfunk (NDR), der den Wettbewerb für die ARD betreut, hatte angekündigt, dass Naidoo für Deutschland im Mai antrete. Die Zuschauer sollen im Februar nur noch das Lied bestimmen. Die Nominierung hatte hohe Wellen geschlagen, weil ihm Kritiker Rechtspopulismus, Homophobie und Antisemitismus vorwerfen. So baten mehrere Politiker wie der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Johannes Kahrs den NDR, die Entscheidung zu überdenken.

Auf der Internetseite "change.org" unterzeichneten inzwischen mehr als 15.000 Menschen eine Online-Petition gegen den Auftritt Naidoos beim ESC in Stockholm. "Ich möchte keinen homophoben Sänger beim ESC sehen", hieß es in Kommentaren dazu, oder "Keine Showbühne für Leute dieses Gedankenguts". Das Parallelprojekt "Gegen die Teilnahme von Xavier Naidoo am Eurovision Song Contest 2016" hat auch 11.000 Unterstützer. Mehr als 15.000 unterschrieben die Petition für die Teilnahme der Bochumer Punkband "Wolfgang Wendland und die Kassierer". Der Musiker und Satiriker, der sich bei Auftritten wohl schon mal auszieht, ist allerdings auch für politische Aktionen bekannt: Bei der Bundestagswahl 2005 trat er für die "Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands" an.

Die Kritik entzündet sich aber auch am neuen Vorentscheid. Viele Fans fühlen sich durch den Alleingang des NDR außen vor gelassen. "Für mich war und ist der ESC immer ein freier, demokratischer Wettbewerb gewesen", schrieb Sänger Guildo Horn, der beim ESC 1998 Siebter wurde, bei Facebook. Er wolle nun zumindest über Kostüm und Frisur Naidoos mitentscheiden. Schlagerkomponist und Produzent Ralph Siegel sagte dem Magazin "Focus", es sei fragwürdig, keinen deutschen Vorentscheid zu veranstalten, bei dem auch der musikalische Nachwuchs eine Chance gehabt hätte. Allerdings begrüßte Siegel ("Ein bisschen Frieden") die Entscheidung für Naidoo, er sei "ein richtig guter Künstler".

Wie ein nationaler Vorentscheid erfolgreich funktioniert, zeigt das schwedische "Melodifestivalen", das zu den meistgesehenen Unterhaltungssendungen des Landes gehört. Jeder Schwede kann Lieder einreichen, eine Jury wählt die Teilnehmer aus, die in mehreren Vorrunden gegeneinander antreten. Wie bei der "Battle" in der Musiksendung "The Voice" treten dann immer zwei Lieder gegeneinander an, nur eines kommt weiter. Im Finale wird dann der beste Beitrag oder beliebteste Künstler ermittelt. Dieses Verfahren über mehrere Wochen garantiert eine hohe Aufmerksamkeit, der Vorentscheid wird zum Gesprächsthema.

Stefan Raab und der NDR hatten 2010 ein ähnliches Procedere für "Unser Star für Oslo" gewählt, aus dem die spätere ESC-Siegerin Lena Meyer-Landrut hervorging.

(mso)
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