Dortmund Kameras und Hunde gegen Bahn-Randale

Dortmund · Straftaten in Zügen und Bahnhöfen in NRW werden weniger, die Täter aber immer aggressiver. Mit einer Reihe von Maßnahmen wollen Verkehrsministerium, Bahn und Verkehrsverbünde den Nahverkehr sicherer machen.

Dortmund: Kameras und Hunde gegen Bahn-Randale
Foto: Hauke-Christian Dittrich

Die Szenen, die der NRW-Verkehrsminister beschreibt, klingen wie aus einem Hooligan-Film. "Wir beobachten eine völlige Enthemmung der Angreifer. Selbst auf Menschen, die längst am Boden liegen, wird eingetreten. Mancher glaubt, sein vermeintliches Recht mit der Faust durchsetzen zu können." Wovon Michael Groschek (SPD) da spricht, sind jedoch keine erfundenen Gewaltszenarien, sondern Alltag in Bussen und Bahnen. Zwar haben die Straftaten im Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) im vergangenen Jahr landesweit um rund vier Prozent abgenommen. Doch die Brutalität der jeweiligen Täter gegenüber Fahrgästen und Bahn-Mitarbeitern nimmt zu. Nun will der Minister den ÖPNV gemeinsam mit der Deutschen Bahn, dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und dem Zweckverband Nahverkehr Rheinland (NVR) sicherer machen. Helfen sollen dabei unter anderem der flächendeckende Einsatz von Videokameras und zusätzliches Personal, das - teils verstärkt mit Diensthunden - die regulären Sicherheitskräfte in Bussen und Bahnen unterstützt.

Grundsätzlich hat sich die Sicherheit in Bussen und Bahnen verbessert. Laut des Sicherheitsberichts 2015 der Deutschen Bahn ging vor allem die Zahl der Körperverletzungen landesweit zurück. Die Bundespolizeidirektion Sankt Augustin verzeichnete im vergangenen Jahr einen Rückgang der Taten um acht Prozent auf rund 2500. Insgesamt wurden vier Prozent weniger Straftaten verzeichnet als 2014. Die Bahn führt diese Entwicklung vor allem auf verstärkte Videoüberwachung an Brennpunkten und mehr Präsenz von Sicherheitskräften zurück. "Die Anstrengungen der letzten Jahre tragen Früchte", so der Sicherheitschef der Bahn, Hans-Hilmar Rischke.

Doch während die Straftaten insgesamt abnahmen, häuften sich die Attacken aggressiver Kunden auf Bahn-Mitarbeiter. "Seit einem halben Jahr gibt es zunehmend Übergriffe auf das Sicherheitspersonal", erklärt auch VRR-Vorstandssprecher Martin Husmann. In NRW verzeichnete die Bahn im vergangenen Jahr 289 solcher Taten - zehn mehr als noch 2014. Ernste Verletzungen seien glücklicherweise die Ausnahme, heißt es seitens der Bahn.

Nicht nur um das Bahn-Personal stärker zu schützen, auch um die Sicherheit der Reisenden zu erhöhen, haben das NRW-Verkehrsministerium, die Bahn sowie VRR und NVR nun einen Maßnahmen-Plan entwickelt. "Busse und Bahnen dürfen keine rollenden Angsträume werden", erklärt Minister Groschek die neuerlichen Vorhaben.

Zentraler Punkt des Programms ist der ausgeweitete Einsatz von Videokameras in Bussen und Bahnen. Die Verantwortlichen erhoffen sich hiervon ein verbessertes Sicherheitsgefühl der Reisenden, da potenzielle Gewalttäter unter Beobachtung stehen. Darüber hinaus sollen die Aufzeichnungen den Polizeibehörden bei der Verfolgung von Straftaten helfen.

Als Verstärkung des regulären Sicherheitsdienstes sollen ab der zweiten Jahreshälfte 2016, zunächst im Bereich des VRR, sieben sogenannte Verfügungsteams eingesetzt werden. Je drei Mitarbeiter und unter Umständen ein Diensthund sollen vom Sicherheitspersonal hinzugezogen werden können, um in Gefahrensituationen eingreifen zu können. Eine spezielle Ausrüstung wie Pfefferspray oder Waffen sollen die Teams nicht tragen.

Auch die Zahl der regulär eingesetzten Bahn-Mitarbeiter soll steigen. "Das Sicherheitspersonal wird im VRR künftig auch nach 18 Uhr bis zum nächsten Morgen zu zweit in den Zügen unterwegs sein", erklärt Martin Husmann. Auch im Bereich des NVR werden die Streifen laut Geschäftsführer Norbert Rein-kober ausgebaut.

Die Bahn prüft darüber hinaus die Einführung von Zugangskontrollen an Bahnhöfen, ähnlich den Systemen in Paris und London. Auch sollen Mobilstationen, die über Fahrpläne informieren, als Notrufsäulen eingesetzt werden können. Neben Mitarbeitern sollen zukünftig auch Fahrgäste für gefährliche Situationen sensibilisiert werden. Zweimal jährlich wollen Verkehrs- und Innenministerium, Bahn und Verkehrsverbünde sowie die Bundespolizei zusammenkommen, um über die Sicherheit im ÖPNV zu beraten.

(RP)
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