Berlin Hauptsache gesund

Berlin · Im Werte-Index 2016 für Deutschland rangiert Gesundheit wieder auf Platz eins. Das Thema Sicherheit klettert von Rang zehn auf sieben. Laut Forschern ist das eine Reaktion auf vermehrte Terroranschläge.

Das Bedürfnis nach Sicherheit wächst mit der Angst vor Anschlägen - somit dürfte dieser Wert im nächsten Index wohl noch weiter nach oben schnellen. Denn die aktuelle Studie bezieht sich nur auf den Zeitraum von März 2014 bis Ende Februar 2015, die aktuellen Anschläge werden dort also nicht berücksichtigt. Insofern ist es bemerkenswert, wie der Terrorismus einen Wertewandel herbeiführt: Sicherheit ist um drei Plätze von Rang zehn auf sieben geklettert. Für den Werte-Index 2016, den Trendforscher Peter Wippermann mit TNS Infratest-Geschäftsführer Jens Krüger gestern in Berlin vorstellte, wurden 5,7 Millionen Beiträge von Nutzern deutscher Internetseiten analysiert. Den Experten zufolge sind 77 Prozent der Deutschen über 14 Jahre aktive Internetnutzer und die Resultate damit aussagekräftig.

An den zentralen Werten ändert sich nichts: Gesundheit, Freiheit und Erfolg besetzen in dieser Reihenfolge die ersten drei Plätze. Dabei bedeute Gesundheit inzwischen nicht mehr nur die Abwesenheit von Krankheit, erklärt Trendforscher Wippermann. "Es um einen gesunden Lebensstil, um Selbstoptimierung." Genauso stecke hinter dem Thema Erfolg mehr als nur Karriere: "Erfolg misst sich an der Lebensqualität." Das korrespondiert mit der jüngst veröffentlichten Shell-Jugendstudie: Ein sicherer Job ist demnach zwar fast allen Zwölf- bis 25-Jährigen wichtig oder sehr wichtig. Karriere um jeden Preis ist aber nicht angesagt: Weniger als die Hälfte hält Überstunden für nötig, um "etwas zu werden".

Freiheit meint laut Wippermann einerseits die eigene Unabhängigkeit und Selbstbestimmung, andererseits aber auch Freiheit in einem politischen Kontext. So hätten sich Internetnutzer etwa mit Blick auf die Anschläge auf die französische Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" mit der Frage befasst, inwiefern die Werte des Islam mit denen der westlichen Welt vereinbar sind. Auch in diesem Fall könnte sich die Bewertung durch die aktuellen Ereignisse wohl verschieben.

Um zwei Plätze abgerutscht ist die Familie (von vier auf sechs), sie rangiert jetzt hinter dem Wert Gemeinschaft. "Die gefühlte Familie steht im Mittelpunkt und nicht die institutionalisierte", erklärt Wippermann. Demnach wandelt sich die Gesellschaft eher hin zu "gleichgesinnten Gemeinschaften", die sich oft auch über das Internet finden.

Ein Aufsteiger im Ranking ist das Thema Natur (von sechs auf vier). Wippermann erklärt das mit wachsendem Interesse an Umwelt- und Klimaschutz. Demgegenüber steht der Aspekt Nachhaltigkeit, der auf Platz zehn rangiert. Offensichtlich, und das passt zum stärkeren Sicherheitsbedürfnis, herrscht nur begrenztes Vertrauen in die Zukunft.

(RP)
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