Streit um Erdogan-Gedicht Varoufakis stellt sich hinter Böhmermann

Istanbul · Moderator Jan Böhmermann erhält in der Diskussion um das umstrittene Erdogan-Gedicht unerwartete Unterstützung: Der ehemalige griechische Finanzminister fordert bei Twitter: "Hands off @janboehm".

 Yannis Varoufakis und der Stinkefinger - für das Verwirrspiel um das angeblich gefälschte Video wurde Jan Böhmermann am Freitag mit dem Grimmepreis ausgezeichnet.

Yannis Varoufakis und der Stinkefinger - für das Verwirrspiel um das angeblich gefälschte Video wurde Jan Böhmermann am Freitag mit dem Grimmepreis ausgezeichnet.

Foto: Screenshot ZDF

"Europa hat zuerst seine Seele verloren (das Abkommen mit der Türkei zu den Flüchtlingen) und jetzt verliert es seinen Humor. Hände weg von @janboehm", schreibt Varoufakis bei Twitter.

Varoufakis war selbst schon zum Ziel von Böhmermanns Aktionen geworden, als er in Zusammenhang mit seiner Kritik an der Politik der deutschen Regierung den Mittelfinger gezeigt hatte: In seiner Sendung "Neo Magazin" hatte Böhmermann behauptet, er und sein Team hätten das "Stinkefinger"-Video gefälscht. Für diese Aktion wurde Böhmermann am Freitag mit dem Grimmepreis ausgezeichnet.

Böhmermann hatte das Gedicht über Erdogan mit dem Titel "Schmähkritik" am 31. März in seiner satirischen TV-Show präsentiert - und vorher darauf hingewiesen, dass so etwas in Deutschland nicht erlaubt sei. Das Gedicht enthält zahlreiche heftige Beleidigungen. Die Türkei hat den Wunsch geäußert, dass Böhmermann für die Äußerungen in Deutschland strafrechtlich verfolgt wird.

Die Türkei hat diesen Wunsch am Montag noch einmal bestätigt. Eine entsprechende diplomatische Note sei an die deutschen Behörden gesendet worden, sagte der Sprecher von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin, am Montag in Ankara. Am Sonntag hatten deutsche Regierungskreise einen entsprechenden Bericht des Berliner "Tagesspiegel" bestätigt. Die Bundesregierung will die Forderung prüfen.

Böhmermanns Gedicht richte sich sowohl gegen Erdogan, als auch gegen das türkische Volk, sagte Kalin weiter. "Vulgäre Aussagen, die derartige Beleidigungen enthalten", hätten nichts mit Meinungs- oder Pressefreiheit zu tun, sondern seien eine Straftat. Satiriker wie Böhmermann missfalle die Annäherung zwischen Deutschland und der Türkei, deshalb veröffentlichten sie "derartige Hässlichkeiten". Kalin betonte, dass der weitere Prozess in den Händen der deutschen Behörden liege.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihren Sprecher Steffen Seibert unterdessen mit Blick auf den Fall Böhmermann erneut eine Stellungnahme zur Freiheit von Kunst und Presse abgeben lassen. "Die Grundwerte des Grundgesetzes sind unverhandelbar", sagte Seibert am Montag in Berlin.

(jco/dpa)
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