Beatles-Studio soll Briten erhalten bleiben Wer rettet jetzt "Abbey Road"?

LONDON (RP). "The long and winding road… will never disappear": Die musikalische Liebeserklärung von Paul McCartney an eine schottische Straße bekommt 40 Jahre nach dem Album "Let It Be” einen prophetischen Klang. Mit 1,4 Kilometern recht lang, wenn auch nicht kurvenreich: Die legendäre Abbey Road in London soll trotz der Finanznöte der Musikfirma EMI nicht aus der Erinnerung von Millionen Popfans verschwinden.

Abbey-Road-Studios sollen verkauft werden
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Abbey-Road-Studios sollen verkauft werden

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Wenige Tage nach der schockierenden Nachricht über den Verkauf des früheren Beatles-Studios Abbey Road wetteifern die Briten, wer den besten Plan für den Erhalt ihrer Musikperle hat. Und obwohl Sir Paul angeblich kein Geld locker machen will, sieht es so aus, als würde das 180 Jahre alte Haus mit dem berühmten Zebrastreifen davor gerettet werden.

Die Taxifahrer meiden diese Ecke: Denn in der Abbey Road bleibt der Verkehr oft stehen, wie man auf dieser Webcam sehen kann. Alle paar Minuten stellen sich in der Mitte des Zebrastreifens vom Cover des gleichnamigen Beatles-Albums Fans auf, um sich fotografieren zu lassen. Hunderte Menschen hinterlassen täglich ihre Namen auf den weißen Wänden des eleganten zweistöckigen Gebäudes, das mit der Aufnahme der ersten europäischen Rock-n-Roll-Single "Move It" von Cliff Richard 1958 Musikgeschichte geschrieben hat.

Davor war das Haus Nr. 3 fast 30 Jahre lang ein Tempel der "hohen" Musik gewesen. EMI hatte es 1929 gekauft, um in der Abbey Road das beste Musikstudio der Welt einzurichten. Edward Elgar und Herbert von Karajan dirigierten hier, Glenn Miller machte hier seine letzte Aufnahme 1944. Weltberühmt wurde Abbey Road durch die vier "Pilzköpfe", die im September 1962 in der "Nummer Drei" ihre erste Single "Love Me Do" einspielten.

Die Beatles produzierten in der Abbey Road 90 Prozent ihres Musikmaterials. Nach ihnen waren Pink Floyd, Radiohead und Oasis Kunden des Studios. Auch manche bekannten orchestralen Soundtracks zu Filmhits wie "Star Wars", "Harry Potter" und "Herr der Ringe" entstanden im Norden Londons.

Trotz all ihrer Lorbeeren konnte Abbey Road zuletzt kaum mit preiswerteren Konkurrenten mithalten. Nachdem EMI 2007 für 4,2 Milliarden Pfund von einer Privatfirma gekauft wurde, schien das Schicksal des Studios besiegelt. Um seine Schulden abzubauen, gab das Unternehmen am Dienstag die Legende zum Verkauf frei. Der Preis soll umgerechnet etwa 34 Millionen Euro betragen. Ein Beben ging durch das Inselkönigreich: Viele Briten befürchteten, dass am Geburtsort der Pop-Musik ein neuer Gebäudekomplex mit Luxuswohnungen entstehen würde. Auch Sir Paul war besorgt.

"Ich habe viele schöne Erinnerungen an Abbey Road", sagte der Musiker der BBC. "Es wäre toll, wenn jemand etwas auf die Beine stellen würde, um dieses großartige Studio zu retten". Das klang nicht nach einem möglichen Angebot. Also mobilisierte die Denkmalschutzorganisation National Trust (NT) ihre 3,7 Millionen Mitglieder, die in einer Urabstimmung per Mail, Facebook und Twitter darüber entscheiden sollen, ob sie gemeinsam die Perle kaufen sollen. NT sprach gestern von einem "erstaunlichen Ausguss von öffentlichen Emotionen" und signalisierte seine Kaufbereitschaft. Auch die britische Regierung ist nicht untätig: Sie will im Eiltempo das Studio unter Denkmalschutz stellen, was einen Abriss unmöglich machen würde.

Als bislang letzter Interessent schaltete sich am Donnerstag der berühmte Musical-Komponist Sir Andrew Lloyd-Webber in das Rennen um die Zukunft der Abbey Road ein. Der Schöpfer solcher Hits wie "Phantom der Oper" und "Jesus Christus Superstar" will um jeden Preis das Studio erhalten, und mit dem geschätzten Vermögen von 750 Millionen Pfund hätte Webber sicher das nötige Geld dafür. Außer Nostalgie wird Sir Andrew angeblich noch von praktischen Überlegungen motiviert: Er will in der Abbey Road weiter seine Werke aufnehmen.

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