Jochen Busse "Über zotige Comedy kann ich nicht lachen"

Köln · Der 75-Jährige hat eine Rolle in der Serie "Dr. Klein" übernommen. Ein Gespräch über Langeweile, Knochenmühlen und den Unernst des Lebens.

"Wie, Sie sind vorbereitet?", fragt Jochen Busse, als er den mit Fragen vollgeschriebenen Block sieht. Um einen Spruch ist der Kabarettist und Schauspieler nie verlegen. Bei der Münchner Lach- und Schießgesellschaft lernte er das satirische Handwerk, die TV-Serie "Das Amt" und die Show "Sieben Tage, sieben Köpfe" machte ihn bekannt. Derzeit ist er mit dem Stück "Pantoffel-Panther" im Düsseldorfer Theater an der Kö zu sehen.

Auf Ihrer Homepage steht "Langweilen tut er sich nie". Heißt das, dass Sie ein rastloser Mensch sind?

Jochen Busse Nein, nein. Man kann ja auch in aller Ruhe in einem Garten sitzen und ein gutes Buch lesen, und dann langweilt man sich in keinster Weise. Aber man ist durchaus entspannt und rastet.

Das heißt, Sie lassen die Langweile auch mal zu?

Busse Muss ich ja. Sonst drehe ich durch. Das schafft man nicht, ich bin ja nicht mehr der Jüngste. Das geht immer nur mit Auftanken.

Sie suchen also ein gesundes Verhältnis zwischen Arbeit und Muße?

Busse Ich versuche das, manchmal gelingt's, aber nicht immer. Momentan habe ich mir was aufgeladen: Ich spiele abends Theater und drehe tagsüber. Der einzige Vorteil - es ist beides in Düsseldorf.

Hat sich denn die Einstellung zur Arbeit mit den Jahren verändert?

busse Nein. Man muss mit der gleichen Sorgfalt und mit der gleichen Naivität rangehen. Abgeklärt geht nicht in diesem Beruf. Das muss ja immer wieder neu und frisch sein. Was sich geändert hat, das sind die Bedingungen und die Bezahlung - die sind schlechter geworden. Aber wenn man seine Schäfchen im Trockenen hat, ist das nicht ganz so schlimm. Dann kann man auch eine Vorabendserie machen.

Sind Sie bei den Rollen wählerischer geworden?

Busse (schreit auf) Hach! Entschuldigen Sie mal, mir ist im Fernsehen zehn Jahre lang nichts angeboten worden. Kein Mensch hat daran gedacht. Vielleicht der eine oder andere, dann ist es verworfen worden. Weil der Regisseur vielleicht gesagt hat, wenn der als Rechtsanwalt reinkommt, heißt es, das ist doch der von "Sieben Tage, sieben Köpfe". Ich habe nur Theater gespielt, das aber fleißig. Und das ist das beste Trainingscamp, das man sich vorstellen kann.

Sie sind ja als Kabarettist groß geworden und zuletzt vier Jahre mit Henning Venske getourt. Wird man da noch etwas von Ihnen sehen?

Busse Nein. Ich habe 2014 schon gesagt: Das war's mit dem Kabarett. Das ist mir einfach zu strapaziös. Wenn ich davon leben müsste, dann hätte ich's gemacht, denn man lebt sehr gut davon. Viele hören auf, weil es einfach eine Knochenmühle ist. Man ist einsam, und wenn sie zu Hause niemanden haben, der sie auffängt, wird die Flasche zur Freundin. Das wollte ich alles nicht.

Trifft das heutige Kabarett auch nicht mehr Ihre Vorstellung von Komik?

Busse Auf der einen Seite ist das politische Kabarett ziemlich pointenfrei, es ist sehr leitartikelig geworden, was jetzt keine Kritik sein soll. Aber es ist nicht meins. Und mit dem Tod von Dieter Hildebrandt ist der letzte gute Pointenbringer verschwunden. Comedy ist mir zu zotig, da kann ich nicht drüber lachen.

Kommen wir mal wieder zum Schauspielern. Was hat Sie an der Rolle in der Serie "Dr. Klein" gereizt?

Busse Nichts. Es wurde dann reizvoll im Laufe des Drehs. Aber als ich das so gelesen habe, da habe ich gedacht, du hast jetzt 14 Tage frei, da machst du das mal. Es war ja erst nur ein Drehtag. Dann war das eine gute Atmosphäre, und es kamen noch sechs Drehtage hinterher.

Sie spielen einen Professor, der aus Liebe einen Befund fälscht.

Busse Die Figur besitzt eine leise Form von Komik. Ich glaube, ich kann in meinem Leben nichts Ernstes spielen. Man nimmt es mir nicht ab. Es gelingt mir auch nicht, einen Satz, der komisch ist, so zu sprechen, dass er nicht komisch ist. Im Gegenteil: Ich habe gerne Sätze, die trivial daherkommen, und dadurch, dass ich sie etwas anders betone als andere Schauspieler, bekommen sie eine gewisse Deutigkeit.

Wenn Sie am Set mit den ganzen Jungschauspielern sind, haben Sie da auch etwas Professorales?

busse Nein. Nur wenn ich Regie führe am Theater, da gebe ich richtig Unterricht. Ich führe gerne Regie, und es macht mir großen Spaß, Leuten zu helfen. Das würde ich sogar noch intensivieren, weil ich weiß, dass ich Tricks verraten kann.

Sie fügen sich also widerspruchslos in ein Team ein?

busse Das gehört für mich zur Professionalität. Ich motze nicht rum.

Auch wenn Sie merken, dass es nicht richtig fluppt?

Busse Doch, dann schon. Dann mache ich es fluppend und schlage es vor. Wenn es dann heißt, es geht nicht, weil . . . dann muss ich damit fertig werden, das ist meine Sache.

Wie geht es bei Ihnen weiter?

Busse Ich habe Verträge bis 2018 für das Theaterstück. Außerdem habe ich noch diese RTL-Fernsehserie, die "Nicht totzukriegen" heißt.

Ruhestand ist also nicht eingeplant?

Busse Nein. Nach 2018 kommt ein neues Stück. Irgendwer hat mir mal aus der Hand gelesen, sehr seriös, soweit das geht. Und der hat gesagt: Du wirst 103. Ich habe ihn gefragt: Wie lange spiele ich? Da sagte er: Du spielst bis 96, und dann hast du keine Lust mehr. Darauf warte ich.

Das Gespräch führte Jörg Isringhaus.

(RP)
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