TV-Talk "Hart aber Fair" "Wer viel Geld hat, findet immer wieder Steuer-Schlupflöcher"

Düsseldorf · Mieten, Steuern, Rente - Frank Plasberg will von vier Politikern klare Ansagen zum Thema Geld. Vor allem zur Steuerpolitik haben die Gäste unterschiedliche Lösungen parat.

Darum ging's

Im Bürgercheck zur Wahl geht es darum, was sich bei Steuern, Rente und Immobilien in Zukunft ändern soll. Frank Plasbergs These: Die Wirtschaft brummt, der Staat schwimmt im Geld — aber merken das auch die Bürger? Beim TV-Talk "Hart aber fair" diskutieren vier Politiker und ein Wähler über Fragen von Bürgern.

Darum ging's wirklich

Die Diskussion drehte sich tatsächlich um die drei "Geldfragen": Wie gerecht wird versteuert, wie können Familien sich Wohnraum leisten und wie auch Selbstständige Kredite für Wohneigentum bekommen? Wann sollen die Deutschen in Zukunft in Rente gehen und wie soll sie finanziert werden?

Die Gäste

Frontverauf

Frank Plasberg lässt den Politikern zu jeder Bürgerfrage zunächst nur 20 Sekunden Zeit, danach wird jedes Thema etwas ausführlicher diskutiert. Zuschauer Frank Köhler aus Berlin darf den Auftakt machen und will wissen, wieso Einkünfte aus Arbeit mit 45 Prozent, solche aus Kapitalerträgen nur mit 25 Prozent besteuert werden, für ihn sei das eine "obszöne Diskrepanz".

CDU-Mann Spahn begründet die Regelung damit, dass sonst Vermögen ins Ausland gebracht werde, stellt aber eine Änderung durch besseren Informationsaustausch mit anderen Ländern in Aussicht. Manuela Schwesig (SPD) und der Linke Dietmar Bartsch sind dafür, die sogenannte Abgeltungssteuer abzuschaffen und größere Vermögen höher zu besteuern.

Bartsch nennt es "obszönen Reichtum", wenn die BMW-Erbin eine Ausschüttung von 1,74 Milliarden auf ihre Dividende bekomme. Da sei etwas nicht in Ordnung, zumal es auf der anderen Seite noch viel Armut gebe. "Wer viel Geld hat, findet immer wieder Schlupflöcher", meint auch Schwesig und nennt das Steuersystem "ungerecht und bürokratisch." Sie will zurück zu der Lösung, "Kapitalerträge wieder genauso zu versteuern wie die Arbeit der eigenen zwei Hände".

Spahn hingegen hält die Wiedereinführung des alten Systems für "furchtbar bürokratisch". In seinen Augen ist das Abgeltungsgesetz okay, denn das Vermögen liege nicht in Yachten und Villen, sondern stecke vor allem in großen deutschen Unternehmen, die Arbeit schafften und Deutschland erfolgreich machten.

FDP-Mann Lindner will das Problem der Vermögensverteilung anders und individueller lösen. Er schlägt vor, etwa für Krankenschwestern die Grunderwerbssteuer zu verringern. Außerdem müsse Deutschland dafür sorgen, dass die bereits geltenden Steuern "von den Apples, Googles und Facebooks dieser Welt auch wirklich bezahlt werden."

Familienvater Tappert, der als Selbständiger mit vier Kindern einen relativ niedrigen Steuersatz von 14,75 Prozent hat, sieht das Problem anderswo: Er kann gar kein Vermögen aufbauen. Wenn er alle anfallenden Ausgaben bestritten habe, bleibe wenig zum Sparen oder Zurücklegen. Zudem gebe ihm als Freiberufler kein Bank einen Kredit.

Manuela Schwesig meint, Tapperts Situation könne verbessert werden, wenn der Grundfreibetrag erhöht werde, es einen Kinderbonus von 150 Euro für jedes Elternteil gebe und wenn man Kitagebühren ab- und Ganztagsschulen anschaffe. Spahn erklärt, die CDU wolle Steuern aus Mehreinnahmen senken, ohne andere dafür mehr zu besteuern. Es gebe genug Spielraum, man müsse dafür auch keine neuen Schulden machen.

Bezahlbarer Wohnraum

Zuschauerin Steffi Mühlnickel, ein CSU-Mitglied aus dem Chiemgau, klagt, Immobilien seien für Familien unbezahlbar. Sie lebt mit vier Kindern in einer Vierzimmerwohnung im zweiten Stock, hätte aber gern ein Haus mit Garten. Ihre Frage: "Was wollen Politiker tun, damit Wohnraum für Familien wieder bezahlbar wird?"

Lindner möchte schnell mehr bauen, Genehmigungen beschleunigen, Flächen umwidmen und vor allem teure Baustandards nicht weiter erhöhen. Die FDP hätte gern 250.000 Euro Freibetrag pro Person bei Grunderwerb, der allerdings nur für die erste, selbst genutzte Wohnung gelten soll. Er kritisiert: "In Deutschland hat eine überzogene Steuerpolitik dazu geführt, dass Wohnungen Luxus geworden sind." Spahn ist mit ihm in vielem einer Meinung, auch er will Bauen leichter und kostengünstiger machen.

Schwesig sagt, vor allem müsse der Mietmarkt entlastet werden, auch durch Förderungen des Wohnungsbaus. Sie wünscht sich eine "echte Mietpreisbremse" und hofft, Baukindergeld könne künftig Familien mit Kindern unterstützen, sich früher eigenen Wohnraum zu leisten. Dietmar Bartsch fordert, in Sozialwohnungen zu investieren. Er hätte gerne eine "Mietpreisbremse, die diesen Namen verdient."

Rente mit 70?

Zum Thema Rente darf zuletzt Gudrun Siewert aus Rommerskirchen fragen, weshalb in vielen Nachbarländern alle, auch Selbständige, in die Rentenkassen einzahlen, nicht aber in Deutschland? Manuela Schwesig gibt ihr Recht, findet das deutsche System aber zu kompliziert, um es schnell zu ändern. Wichtig sei, kurzfristig das Rentenniveau zu stabilisieren und die Rente mit 70 zu verhindern. Altenpfleger, Bauarbeiter oder Lehrer hätten schon Problem, bis 67 zu arbeiten.

Spahn stimmt ihr zu: Das Rentensystem zu vereinheitlichen würde eine Generation dauern. Selbständige, die in andere Versorgungswerke einzahlen, ins selbe System zu zwingen, sei problematisch und nicht unbedingt gerechter. Der CDU-Politiker ist überzeugt, das spätere Rentenalter komme - schlicht, weil wir länger leben. Viele Menschen würden ohnehin in Zukunft freiwillig länger arbeiten wollen.

Bartsch sagt, vor allem müsse Altersarmut verhindert werden. Die Linke wolle eine Rentenkasse für alle einführen, in die sowohl Abgeordnete als auch Selbständige und Beamte einzahlten.

Zitat des Abends

"Herr Lindner, jeder merkt, dass Sie vor Kraft nicht laufen können, aber sie müssen mich auch mal ausreden lassen" (Manuela Schwesig, SPD)

(juju)
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