"Sie gehen mir auf den Sack" Til Schweiger pöbelt bei Maischberger

Düsseldorf · Bei Sandra Maischberger lässt Schauspieler Til Schweiger seiner Wut freien Lauf und rasselt mit CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer aneinander. Anja Reschke wirft der Politik Versagen vor.

 Schauspieler Til Schweiger übte bei Maischberger scharfe Kritik an der Politik.

Schauspieler Til Schweiger übte bei Maischberger scharfe Kritik an der Politik.

Foto: Screenshot ARD

In der ersten Sendung nach ihrer Rückkehr aus der Sommerpause befasste sich Maischberger mit der Flüchtlingskrise. "Politiker ratlos, Gesellschaft gespalten", so der Titel. Mit dabei sind zwei Personen, die mit ihrem Einsatz für Flüchtlinge in den vergangenen Tagen viele Schlagzeilen gemacht haben: Sowohl Til Schweiger als auch die ARD-Journalistin Anja Reschke haben deswegen eine Flut von Reaktionen ausgelöst. Viel Zuspruch — bei Reschke etwa zwei Drittel, wie sie sagt — aber auch jede Menge an Hass-Kommentaren.

"Wir können nicht die ganze Welt retten", sagt hingegen stellvertretend für die CSU Andreas Scheuer. Er ist zusammen mit dem Wirtschaftsjournalisten Roland Tichy der Gegenpol, dem es bei aller "humanitären Verantwortung" vor allem um eine Beschränkung der Flüchtlingszahlen geht. Außerdem mit in der Runde: Die Linke-Politikerin Sevim Dağdelen. Sie und Tichy bleiben jedoch Randfiguren.

"Sie gehen mir auf den Sack"

Bei Maischberger ist es die Konstellation Schweiger-Scheuer, die Zündstoff liefert. Zu Beginn der Sendung argumentiert der aus Hamburg zugeschaltete Schweiger noch ruhig und bedacht. Doch zunehmend redet er sich in Rage. Gelegentlich vergaloppiert er sich dabei, etwa als er fordert, notfalls die Verfassung zu ändern, um den gegen Ausländer hetzenden Mob auf der Straße einfach wegsperren zu können.

Vermutlich spontan schlägt er vor, doch den Solidaritätszuschlag beizubehalten und für Flüchtlinge zu verwenden. Als das Scheuer verächtlich als "absurd" abtut, fährt Schweiger aus der Haut: "Sie gehen mir auf den Sack", zischt er den CSU-General an und schiebt einen Satz hinterher, der so klingt wie eine Drohung: "Ich werde Sie jetzt beobachten, Herr General, ob Sie sich demnächst mal irgendwie mit Vehemenz gegen diesen Mob stellen."

Scheuers vergiftete Frage

Es wird noch giftiger. Wenige Momente später lobt Scheuer den Schauspieler über den Klee als Vorbild und schiebt dann die Frage hinterher, wie es denn so um seine Pläne mit der Eröffnung eines Flüchtlingsheims stehe. Schweiger hatte kürzlich angekündigt, ein Vorzeigeheim in Osterode im Hartz errichten zu wollen. Die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit war groß, zuletzt aber gab es Schwierigkeiten.

"Ich find' das so geil, Ihren süffisanten Blick, weil Sie mich jetzt vorführen wollen", entgegnet Schweiger auf Scheuers vergiftete Frage. Da sich die Verhandlungen zwischen dem Besitzer der ehemaligen Kaserne in Niedersachsen und dem Land noch hinziehen werden, dauere es noch etwas. "Um nicht untätig rumzusitzen, gehe ich mit meiner Stiftung nach Osnabrück", kündigte er an. Auf sein Projekt bekomme er inzwischen sehr viel positive Resonanz: "Immer mehr Leute rufen an fragen, wie kann ich helfen?"

Die Stimmung: spürbar angespannt, gelegentlich ist zu sehen, wie Schweiger sich mit der Hand das Gesicht knetet. Zum Ende hin, als Schweiger sich aus der Live-Schalte verabschiedet, entschuldigt er sich für den Ausraster.

"Purer, plumper Hass"

Anja Reschke wirft der Politik Versagen vor. Unter anderem berichtete sie von ihren Eindrücken bei Dreharbeiten im sächsischen Freital. Dort habe sie keinen einzigen Politiker gesehen, der dorthin gekommen sei und gesagt habe: Jetzt ist Schluss. Sie hätte sich dort die Kanzlerin gewünscht, um Flagge zu zeigen. "Wenn in Freital 'Weg mit dem Dreck' skandiert wird, dann ist das purer plumper Hass, dann ist das purer Rassismus." Reschke wie auch Schweiger vermissen die unüberhörbare Ächtung dieser Hetze . "Ich hör zu wenig", sagt Schweiger.

Entsetzt zeigt sich Reschke in Erinnerung an eine Bürgerversammlung in Freital. Sie beschreibt, wie der sächsische Innenminister Markus Ulbig gegenüber einer kritischen Menge kleinlaut einknickte, anstatt sich für eine Frau einzusetzen, die Flüchtlingen helfen wollte. Von der Versammlung aber wurde sie beschimpft und bedrängt. "Und der Innenminister steht daneben und sagt gar nichts", empört sich Reschke.

Reschke wettert gegen Angst-Rhetorik

Eine zentrale Rolle in der Diskussion spielt zudem die Einstellung zur Flüchtlingskrise. Reschke ärgert sich über die weit verbreitete Angst-Rhetorik. Insbesondere aus der bayerischen Staatskanzlei seien immer wieder Begriffe zu hören wie "massenhafter Asylmissbrauch" oder "Zumutung für den Steuerzahler". Auch die Zahlen Scheuers, der von weltweit 60 Millionen Flüchtlingen "an den Grenzen" spricht, nimmt sie auseinander. Denn immerhin seien 40 Millionen davon Binnenflüchtlinge. "Zahlen schüren Angst", behauptet Schweiger. Und Angst, da sind Reschke und er sich einig, ist der völlig falsche Ansatz.

"Eigentlich müssten wir den Leuten Mut machen und nicht mit einem Angst-Populismus spielen", sagt Reschke an einer Stelle. Deutschland sei als ein reiches Land nach ihrer Überzeugung eben nicht überfordert. "Wenn nicht wir, wer kriegt's denn dann gewuppt?", fragt sie in die Runde. Die Politik sei jetzt in der Verantwortung, den Menschen zu sagen: "Tschakka, wir kriegen das schon hin!" Vom Monitor gegenüber applaudiert spontan Til Schweiger.

(pst)
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