Hamburg Til Schweiger empört über "Tatort"-Kritik

Hamburg · Die Reaktionen auf die Doppelfolge sind eher verhalten. Der Schauspieler holt daher mal wieder zum Rundumschlag aus.

So fanden Zuschauer den "Tatort: Fegefeuer" mit Til Schweiger
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Foto: ARD

Nicht nur "Tatort"-Kommissar Nick Tschiller, auch Schauspieler Til Schweiger befindet sich im permanenten Verteidigungsmodus - allerdings rein verbal. Bevorzugtes Objekt seiner Tiraden sind alle diejenigen, die seine Arbeit kritisieren. Aktuell die "Tatort"-Doppelfolgen "Der große Schmerz" und "Fegefeuer" von Neujahr und Sonntag. Beim Publikum wie bei den Rezensenten war die Begeisterung eher verhalten - zu klischeehaft, zu langweilig, zu viel Action lautete der Tenor. Nur 7,69 Millionen Zuschauer interessierten sich für "Fegefeuer", 8,24 Millionen verfolgten "Der große Schmerz". Zum Vergleich: Nick Tschillers ersten Einsatz "Willkommen in Hamburg" wollten noch 12,5 Millionen Menschen sehen.

Schweiger ficht das aber wenig an. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte der 52-Jährige in der Nacht zu gestern eine Art Verehrerbrief an den Regisseur des TV-Krimis, Christian Alvart. Darin attestiert Schweiger ihm, mit der am Sonntag ausgestrahlten Folge "ein Stück deutsche Fernsehgeschichte" geschaffen zu haben: "Kompromisslos, atemlos, viril, phantastisch für das schmale Geld."

Über die Kritiker schrieb Schweiger: "Wenn sie ehrlich wären, würden sie zugeben, dass du was Außergewöhnliches geschaffen hast!! Das kriegen sie aber nicht hin, weil sie schwach und klein sind!" Er, Schweiger, habe als "Filmemacher/Schauspieler/Produzent/Writer/Cutter/Composer" viel mehr Ahnung von Filmkunst als die meisten "Trottel", die darüber schrieben. Auch gegen andere "Tatort"-Teams teilte Schweiger aus, speziell gegen die Kölner und Münchner Kollegen: "Andere verschwenden das Budget für zwei moppelige Kommissare, die ne Currywurst verspeisen oder ein Bier vor einem bayrischen Imbiss zocken." Regisseur Alvart habe dagegen "Non Stop Action in diese 90 Minuten" gebracht, "in denen sonst meistens dummes Zeug gelabert wird".

Die Reaktionen auf den Ausbruch im Netz sind gemischt, es gibt Zustimmung wie Ablehnung - ähnlich wie für den "Tatort"-Doppelpack. Aber wie waren die beiden Folgen denn nun? Das kommt wohl darauf an, was man erwartet. Wer gerne die Auflösung eines kniffligen Falls verfolgt und Wert legt auf eine präzise Charakterzeichnung der Figuren, der ist bei Schweiger/Tschiller an der falschen Adresse. Der Hamburger "Tatort" setzt auf Tempo und liefert teils derbe Action mit deutlichen Anleihen ans Hollywood-Kino. Zeit für Zwischentöne bleibt da kaum, und wenn doch, sind sie eher zum Fremdschämen peinlich. Auch Selbstironie sucht man vergebens - im Nick-Tschiller-"Tatort" ist alles ernst gemeint.

Vielleicht liegt gerade hier das Problem: Til Schweiger versteht keinen Spaß. Und deshalb ist dafür auch in seinem "Tatort" kein Platz. Dabei zeigen gerade die amerikanischen Vorbilder, an denen sich Schweigers Krimi-Kunst orientiert, dass allzu große Härte oft erst durch ein wenig Humor erträglich wird. Im Tschiller-Hamburg aber, das verdächtig wie Los Angeles in Szene gesetzt ist, wird wenig gesprochen und wenn, dann meist in kernigen Einzeilern. Die Zeit für längere Gespräche wäre ohnehin etwas knapp, befinden sich doch alle Figuren permanent in Bewegung, laufen, fahren, prügeln sich. Nur ist das auf Dauer fast genauso öde wie übermäßiges Gequatsche. Soll heißen: Der Hamburger "Tatort" findet nicht das richtige Maß, und die Geschichte ist eher simpel gestrickt.

Wirklich schlecht aber ist Tschillers Auftritt auch nicht. Schaut man über diese eher konzeptionellen Schwächen hinweg, bleibt ein handwerklich ordentlich gemachter Hauruck-Thriller, der trotz seiner schablonenhaften Figuren streckenweise ganz gut unterhält. Vielleicht bemerkt man zu deutlich das Bemühen, aus dem "Tatort"-Einerlei auszubrechen, aber immerhin ist es ein Ausbruch. Der sogar auf die große Leinwand führt: Ab 4. Februar läuft "Tatort - Tschiller: Off Duty" im Kino. Damit ist Schweiger dann direkt beim von ihm angepeilten Zielpublikum. Die Geschichte soll auch ohne Kenntnis der bisherigen Tschiller-Teile nachvollziehbar sein; die Tochter des Ermittlers wird entführt, und er verfolgt ihre Spur nach Istanbul und Moskau. Schweiger verspricht für seinen Kinoauftritt nicht nur noch mehr Schauwerte, sondern auch mehr Action. Toll werden soll's natürlich. Und wehe dem, der es anders sieht.

(RP)
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