Forschung zur Rudelgucken So ticken die "Tatort"-Fans wirklich

Augsburg · Wissenschaftler haben das Rudelgucken der Serie zum Gegenstand ihrer Forschung gemacht.

Tatort: Teams mit den besten Quoten
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Die quotenstärksten "Tatort"-Teams von November 2011 bis Dezember 2015

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Foto: dpa, Sven Hoppe

Kaum eine Fernsehsendung fesselt die Deutschen mehr als der "Tatort". Die Folgen der Krimireihe werden längst nicht mehr nur vor dem heimischen TV-Gerät verfolgt. Viele Fans besuchen auch eine der mehr als 260 "Tatort"-Kneipen in der ganzen Republik und begeben sich gemeinsam auf Mördersuche. Das hat zwei Wissenschaftler neugierig gemacht. Lena Grießhammer und Michael Hallermayer von der Uni Augsburg haben die Kneipen-Gucker beobachtet, deren Unterhaltungen ausgewertet und mit dem Verhalten der Netz-Community verglichen. Herausgekommen ist eine umfangreiche Studie der Volkskundlerin und des Kommunikationswissenschaftlers.

Eingefleischte "Tatort"-Fans würden einiges an Expertenwissen mitbringen. "Die kennen sich aus mit Ermittlungsmethoden und Kriminalistik", sagt Grießhammer. Wird der Handlungsverlauf unlogisch, steige der Gesprächsbedarf und es werde lauter in der Kneipe. "Da kommen dann schon mal Kommentare oder Mutmaßungen, allerdings auf einem sehr anspruchsvollem Niveau." Dass der "Tatort" in der Kneipe geschaut wird, habe mehrere Gründe. Der banalste: ein fehlendes Fernsehgerät. Auch ein leerer Kühlschrank könne zum Anlass werden, das Haus zu verlassen und ins Lokal zu gehen. Zudem schätzten viele die Kinoatmosphäre und das Gefühl, sich unter Gleichgesinnten zu befinden.

Die Kneipen-Kommentare verglichen die Uni-Forscher mit denen in den sozialen Netzwerken. "Im Netz wird der ,Tatort' ganz anders konsumiert als in der Kneipe", sagt Hallermayer. Die Wissenschaftler haben auf der offiziellen ARD-Facebook-Seite den Verlauf während und nach einer Ausstrahlung analysiert und ausgewertet. Hauptsächlich werde die Handlung oder die Leistung der Schauspieler kommentiert. Die Äußerungen seien dabei oft pauschal und wertend, der Ton auch mal schnippisch. Es werde weniger differenziert als im persönlichen Miteinander. Ein Gemeinschaftsgefühl wie im Lokal finde nicht statt. Während sich rund 85 Prozent der Beiträge um filmische Aspekte drehen, sucht man nach Beobachtung der Forscher im Internet die gesellschaftskritischen Anmerkungen meist vergebens. Dabei greift die Krimiserie regelmäßig aktuelle Themen auf.

(dpa)
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