"Tatort" am Sonntag Geiseldrama im Flüchtlingsheim

Stuttgart · Der neue Stuttgart-"Tatort" nimmt Schleuser und Menschenschmuggler als Thema ins Visier. Trotz einiger Schwächen liefert der Fall "Im gelobten Land" spannende und bewegende Momente zu einem aktuellen Thema.

Szenen aus dem "Tatort Stuttgart: Im gelobten Land"
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Szenen aus dem "Tatort: Im gelobten Land"

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Foto: ARD

Ein gemeinsamer Einsatz mit der Drogenfahndung läuft schrecklich schief. Während die Ermittler Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) Drogendealern auf einem Autobahnrastplatz auflauern wollen, sterben wenige Meter von ihnen entfernt 23 Flüchtlinge in einem Lastwagen. Die Schlepper hatten die Opfer in Bretterverschlägen versteckt. Die Flüchtlinge erstickten qualvoll. Besonders Lannert geht der Fall an die Nieren.

Er fühlt sich schuldig. Ohne die Hilfe seines Partners heftet er sich in einem wütenden Alleingang an die Fersen der Menschenschmuggler. Doch bei seinen unvorsichtigen Ermittlungen lässt sich Lannert vom Schleuser Milan Kosic (Sascha Alexander Gersak) und dessen Schwester überwältigen. Gemeinsam mit der Afrikanerin Lela, die angsterfüllt auf die Ankunft ihrer Familie wartet, wird Lannert zur Geisel der Schleuserbande - mitten in einer Unterkunft für Flüchtlinge. Bootz rückt mit dem SEK an, doch die Schleuser geben nicht auf. Sie erpressen Lannert. Ihr Druckmittel: Nur sie kennen den Standort eines weiteren Lastwagens, in dem Menschen der Erstickungstod droht.

Regelrechte Reisebüros in vielen Städten

Autor Christian Jeltsch und Regisseur Züli Aladag verzichten im neuen Fall "Im gelobten Land" völlig auf die sonst üblichen privaten Geschichten der Ermittler. Stattdessen wird ausführlich erläutert, wie Schleppernetzwerke funktionieren, die in zahlreichen Städten Europas regelrechte Reisebüros unterhalten und Geldströme geschickt vor den Behörden verstecken.

Die aus Uganda stammende deutsche Schauspielerin Florence Kasumba porträtiert eindrucksvoll die verzweifelte Migrantin Lela. "In Afrika alle glauben ist Paradies, aber ist nix", sagt die junge Frau mit Tränen in den Augen über ihre neue Heimat Deutschland. Ermittler Lannert will der Frau helfen. Aber der Kommissar weiß nicht, was er machen soll, und flüchtet sich in zornige Wortgefechte mit den Schleusern.

Nicht sehr glaubwürdig ist die radikale Veränderung, die in Lannert vor sich geht. Dass ausgerechnet dieser stets so beherrschte und nüchterne Ermittler gegen polizeiliche Regeln verstößt, wirkt seltsam. Auch die Rolle des Hintermanns der Schleuser bleibt arg nebulös. Sieht man von diesen Schwächen ab, bietet der "Tatort" spannende und bewegende Szenen zu einem Thema, das aktueller nicht sein kann.

"Tatort - Im gelobten Land", ARD, So., 20.15 Uhr

(csi)
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