"Tatort: Feierstunde“ im Schnell-Check Der Münster-Tatort als Kammerspiel

Düsseldorf · Im 30. Fall aus Münster muss Kommissar Thiel Rechtsmediziner Boerne vor einem zu allem entschlossenen Konkurrenten retten. "Feierstunde" ist einer der besseren Münster-Tatorte. Den Spagat zwischen Humor und Spannung schafft aber auch diese Folge nur selten.

Szenen aus dem Münster-Tatort "Feierstunde"
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Szenen aus dem Münster-Tatort "Feierstunde"

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Foto: WDR/Willi Weber

Der Fall

Gleich zu Beginn gibt es im Tatort "Feierstunde" von Lars Jessen (Regie) und Elke Schuch (Buch) eine Schreckminute: Mit einer Pumpgun in den Händen läuft ein Mann in den Hörsaal der Uni, er geht schnurstracks an den Studenten vorbei bis zum Podium. Dann eröffnet er das Feuer. Professor Boerne (Jan Josef Liefers) geht blutend zu Boden und stirbt. Die Auflösung kommt schnell: Es ist die Rachefantasie von Wissenschaftskollege Harald Götz (Peter Jordan), wie er sie seiner Psychotherapeutin Dr. Corinna Adam (Oda Thormeyer) schildert. Kurz zuvor hat Götz seine an ALS, einem unheilbaren Nervenleiden, erkrankte Frau tot aufgefunden: Sie hat sich selbst mit einer Pumpgun erschossen.

Götz ist wütend auf Kollege Boerne, weil der ein Drei-Millionen-Dollar Forschungsprojekt bekommen hat, bei dem er Mumien untersucht. Götz selbst forscht seit Jahren an einem Heilmittel gegen ALS und muss dabei ohne finanzielle Unterstützung auskommen. Bei der "Feierstunde" von Professor Boerne in der Gaststätte "Zur Post" vergiftet Görtz seinen Kollegen, der langsam an ALS-Symptomen zu sterben droht.

Was war gut?

Den zentralen Konflikt zwischen Professor Boerne und Professor Götz als Kammerspiel in der Kulisse der Gaststätte "Zur Post" zu inszenieren, gelingt anfangs sehr gut. Zumal dort auch andere Kollegen die Chance wittern, den stets erfolgreichen und eingebildeten Boerne loszuwerden. An dieser Stelle kommt im Tatort endlich Spannung auf. Mit Peter Jordan als Professor Harald Götz und Oda Thormeyer als Dr. Corinna Adam sind die wichtigen Rollen mit guten Schauspielern besetzt. Jordan verkörpert den verletzten wütenden Professor Götz mal als bemitleidenswerten Looser, mal als rachsüchtigen Irren sehr gut. Dass die Rolle von Psychotherapeutin Adam als perfide Taktikerin schnell durchschaubar wird, liegt mehr am Drehbuch, das oft gleichzeitig spannend und lustig sein will und weniger an Schauspielerin Oda Thormeyer, die überzeugend die Strippenzieherin der perfiden Racheaktion gegen Professor Boerne gibt.

Was war nicht gut?

Der Tatort aus Münster hat schlicht zu viele Ungereimtheiten. Erst geben sich Regisseur und Drehbuchautorin viel Mühe Spannung aufzubauen, um sich dann wenig darum zu scheren, diese elegant wieder aufzulösen. Nicht mal Professor Boerne selbst, der eigentlich Angst um sein Leben haben müsste, nimmt die Bedrohung ernst. Warum sollte der Zuschauer das also tun? Leider wird die Bedrohung nämlich schnell unlogisch und unrealistisch: Spätestens als der reingeschmuggelte Kriminalhauptkommissar Thiel (Axel Prahl) Professor Boerne plötzlich von Götz unbemerkt aus dem Gastraum schafft, ist die Spannung komplett dahin. Dass die Psychotherapeutin, die als Wissenschaftlerin entlassen wurde, den labilen Götz als stellvertretenden Racheengel missbraucht, muss dem Zuschauer zum Schluss nicht mehr erklärt werden, er ist schon längst selbst darauf gekommen. "Es gibt Menschen, die sind für größeres geschaffen als das Alltägliche", sagt die Psychologin zum Schluss. Für diesen Tatort gilt das nicht.

Auch der 30. Fall aus Münster bringt dem Zuschauer die Hauptakteure nicht näher, sie bekommen einfach keine Tiefe: Es gibt immer noch die eindimensionalen Assistentinnen Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) und Alberich (Christine Urspruch), die resolute, ständig rauchende Staatsanwältin Klemm (Mechthild Grossmann), den kiffenden Hippie-Vater (Claus D. Clausnitzer), den arroganten eher gefühlskalten Rechtsmediziner Boerne ("Legen sie die Leiche kalt, ich seh‘ sie mir an, wenn ich fertig bin") und den schlunzigen Kriminalhauptkommissar Thiel. So sind sie, genauer darf der Zuschauer sie nicht kennenlernen, nicht hinter die Fassade gucken. Das ist schade.

Wie wird Münster gezeigt?

In "Feierstunde" wird viel mit Klischees aus der Welt der Wissenschaftler gespielt. Der zentrale Konflikt ist der zweier Wissenschaftler um Fördermittel für ihre Forschung. Die Bilder von der Stadt Münster passen dazu: Der Zuschauer sieht die Universität, den Dom, in einer Einstellung sind auch die Bettenburgen des Uni-Klinikums zu sehen.

Bester Spruch

"Also ich hatte nie Probleme mit dem Rücken, in deinem Alter war ich biegsam wie eine Gazelle", sagt Herbert Thiel, genannt Vaddern, zu seinem Sohn Frank, während der sich unter Schmerzen aus dem Taxi hievt.

Bester Dialog

"Der untersucht jetzt für drei Millionen Euro Mumien", sagt Nadeshda Krusenstern über Rechtsmediziner Boerne zu Chef Frank Thiel. "Erstmal lässt der sich für drei Millionen Euro feiern", antwortet Thiel.

Ein Satz zum Mitreden

"Macht und Führungspositionen werden überdurchschnittlich oft von Narzissten und Psychopathen eingenommen". Das behauptet zumindest Psychotherapeutin und Neurologin Dr. Corinna Adam und will damit ihren Rachefeldzug gegen Professor Boerne rechtfertigen.

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